Eigentlich sind wir gut drauf

Die Kunst eines guten Porträtfotografen ist es, den Porträtierten dahin zu bringen, dass er sich unverkrampft zeigt, wie er ist. Jörg Otto Meier beherrscht diese Kunst nicht nur als Fotograf, sondern auch als Interviewer. Jetzt hat Jörg Otto Meier eine Reihe von Jugendlichen zwischen 9 und 20 Jahren befragt und fotografiert und sie dahin gebracht, dass sie ohne viele Umschweife ihre Lebenssituation erzählen, wie sie zu ihren Eltern und zur Schule stehen (falls sie überhaupt noch eine besuchen), an was sie glauben, was für sexuelle Erfahrungen sie schon hatten, was sie sich von der Zukunft versprechen und was sie befürchten. Unerheblich, dass diese jungen Menschen alle in Hamburg wohnen, es sind wohlbehütete höhere Töchter und strebsame Bürgerknaben darunter, aber genauso Kinder aus kaputten Familien und Jugendliche, die schon ganz früh von zu Hause ausgerückt sind. Es kommen Christen, Buddhisten, Mohammedaner genauso wie Atheisten und Pantheisten zu Wort. Das Buch sollte man Eltern, Lehrern, Sozialarbeitern, allen die mit Jugendlichen zu tun haben, zur Pflichtlektüre erklären. Das heißt, von Pflicht muss hier gar nicht weiter die Rede sein, weil diese kurzen Lebenserzählungen und Selbsterklärungen sofort eine Sogwirkung ausüben, geradezu fesselnd sind. Es wird soviel pauschal über 'die' Jugend geschrieben und geklagt. Hier erfährt man Konkretes und lernt auch ausgesprochene Problemkinder als Persönlichkeiten zu respektieren. Der positive Titel 'Eigentlich sind wir gut drauf' soll auch anzeigen, dass man im Blick auf die Jugend zuversichtlich sein darf. Nürnberger Zeitung Aus den Schilderungen der Porträtierten wird deutlich, wie sich Kinder und Jugendliche die Erwachsenen wünschen: einen Vater, auf den Verlass ist und der zuhören kann - eine Mutter, die nicht so besorgt wirkt und immer gleich losschreit - einen gerechten Lehrer, der sowohl humorvoll als auch konsequent sein kann - einen Polizisten, der nicht wegsieht, sondern unbeirrt für Recht und Ordnung sorgt - einen Politiker, der unbestechlich bleibt und seine Wahlversprechen hält ... Dieses Buch möchte einen Anstoß geben, die Jugend ernst zu nehmen, so wie sie ist, und ihr vor allem zuzuhören: ohne Widerworte und Belehrungen! Obwohl die Taschenbuchausgabe bereits 1999 erschien, sind die Porträts nach wie vor hoch aktuell und gewissermaßen zeitlos. Historische Fakten wandeln sich, menschliches Verhalten mit seinen Trieben und Emotionen dagegen nicht.

Der Autor, Fotograf und Kunstlehrer Jörg Otto Meier (*1950) machte im Hamburg der 80er und 90er-Jahre fotografische Porträts und Interviews von Menschen quer durch alle sozialen Schichten und Altersgruppen. Seine Bücher sind inzwischen zu aufschlussreichen Dokumenten lokaler Zeitgeschichte geworden, die gewissermaßen zeitlos dazu anregen, sich im Vergleich mit anderen Menschen selbstreflektierend zu betrachten. Mehr zum Autor bei Wikipedia.

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