Ein Leib in Christo werden

Die vorliegende Untersuchung zeigt, dass die täuferische Ehevorstellung als Gegenentwurf zum lutherischen Eheverständnis angesehen werden kann. Im Spannungsfeld zwischen der alten (katholischen) und der neuen (reformatorischen) Eheauffassung entwickelten die Täufer eine eigenständige Antwort auf die Frage nach einer neuen Balance zwischen der religiösen und der weltlichen Dimension der Ehe, die in der Praxis - bei Eheschließungen und -trennungen sowie im Alltag - immer neu verhandelt werden musste. Auch das Phänomen der sexuellen Devianz unter Täufern kann vor diesem Hintergrund neu gedeutet werden, stellt sie doch ein genuin reformatorisches Phänomen und nicht - wie lange vermutet - eine Nachwehe der spätmittelalterlichen Ketzerbewegungen dar.

Dr. phil. Katharina Reinholdt ist stellvertretende Gleichstellungsbeauftragte an der Universität Erfurt.