Erbitterung und Nachdenklichkeit – Über Freuds Kommentar zu einem frühen Aufsatz von Karl Abraham

Abrahams frühe Arbeit Das Erleiden sexueller Traumen als Form infantiler Sexualbetätigung (1907) wird in den Kontext des damaligen Stands der Freudschen Theorie gestellt und zusammen mit Freuds Brief vom 7. Juli 1907 erörtert. Es wird herausgestellt, daß sich Abraham noch schwer tat, Freuds umstürzende neue Sicht der Realität qua »psychischer Realität« und seine ebenso neue und gelassene Betrachtung der infantilen Sexualität in sich aufzunehmen. Die Autorin weist darauf hin, daß Abraham andererseits von Anfang an Freuds Auffassung teilte, der Sexualität komme eine besondere Bedeutung zu. Freuds vorsichtiger und geduldiger Umgang mit neuen Schülern wird hervorgehoben, desgleichen die Einwände, die er gegen Abrahams Ausführungen vorbrachte. Es wird dargestellt, daß Abrahams analytisches Denken bereits in diesem frühen Beitrag durch eine nachhaltige Betonung der Frage nach der Schuld und den Schuldgefühlen gekennzeichnet war. Auf der Basis einer Gegenüberstellung von kontrastierenden Tendenzen in Abrahams und Freuds Texten werden generelle Überlegungen zu zwei Prototypen von analytischen Haltungen angestellt, einer durch »Erbitterung« und einer durch »Nachdenklichkeit« gekennzeichneten.

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