Ernst Wilhelm Nays 'Vom Gestaltwert der Farbe' als Künstlertheorie und Zeitzeugnis

Ernst Wilhelm Nay (1902-1968) war einer der renommiertesten Maler der deutschen Nachkriegszeit. Nach dem Studium bei Carl Hofer an der Berliner Hochschule für Bildende Künste fiel seine künstlerische Selbstfindung in die Zeit von Nationalsozialismus und Zweitem Weltkrieg. Nach 1945 erlangte Nay mit den zwischen 1954 und 1962 entstandenen 'Scheibenbildern' internationales Renommee. Umso erstaunlicher ist es, dass Nay als Theoretiker kaum wahrgenommen wurde und sein Buch 'Vom Gestaltwert der Farbe' (1955) kaum bekannt ist. In dem schmalen Band legt er das theoretische Konzept der 'Scheibenbilder' dar. Es ist das Ergebnis seiner Entwicklung als Künstler seit den 1920er Jahren. Aus dieser 'Scharnierstellung' zwischen Klassischer Moderne und Nachkriegszeit ergibt sich die kunsthistorische Bedeutung von Nays Text. Das Buch ist gleichermaßen individuelle Künstlertheorie wie Zeugnis der gravierenden Umwälzungen in Wissenschaft und Technik, Infrastruktur und Geopolitik in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Davon zeugen auch Nays Begeisterung für Flugreisen und seine Bezugnahmen auf Autoren wie Jean Gebser, Martin Heidegger und Carl Schmitt.

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