'Esto no es arte.' - Stencils als Spuren des Zeitgeschehens in Buenos Aires

Inhaltsangabe:Einleitung: Bei der Ankunft in Buenos Aires im April 2007 ahnte ich nicht, wenige Meter von meinem ersten Schlafplatz in dieser Stadt von etwa 200 km² Fläche die Ansätze meiner Feldforschung zu ‘Stencils’ auf den Maßen einer Tür vereint zu finden (ABB.1). Diese Tür eines scheinbar verlassenen Gebäudes in der zentralen Straße Hipólito Yrigoyen war nicht nur geradezu übersät von Motiven, die durch eine Schablone gesprüht wurden und als Form von Graffiti oder Street Art geläufig mit dem englischen Begriff des Stencils bezeichnet werden. Eines der Motive (ABB. 3) war mir von Abbildungen in dem deutschen Magazin Lateinamerika Nachrichten (LN 372) bekannt, die mich im Vorfeld vermuten ließen, dass Stencils in Buenos Aires politisch motiviert sind (s. auch ABB.60). Ferner wollte ich prüfen, ob Stencilmotive von den Straßen der argentinischen Hauptstadt in Galerien transferiert oder in Werbestrategien eingebunden werden. Wie ich erst später erfahren sollte, wurde jene Tür während einer staatlich geförderten Ausstellung gestaltet, die der Publikation des ersten und bis dato einzigen Bildbandes zur argentinischen Street Art im Jahr 2004 gewidmet war. Dieser ist - wie sein Titel Hasta la victoria, stencil verdeutlicht - auf Stencils konzentriert. Unter dem Titel ‘Esto no es arte’, den ich von einem Stencil der Gruppe Vómito Attack entlehne, finden auf den folgenden Seiten die erhobenen qualitativen Daten zu eben jener Technik Auswertung. Der Behauptung ‘Dies ist keine Kunst’ entsprechend, werden nicht zwangsläufig kunstvoll gestaltete Motive fokussiert, sondern Stencils, die verbal oder visuell eine Thematik von lokaler Relevanz kommunizieren. Die argentinische Graffitiforscherin Claudia Kozak vertritt die Ansicht, dass Stencils in Buenos Aires vorrangig globalisierte, im Internet zirkulierende Bilder verbreiten und eher wenige dieser Motive Lokalpolitik zum Thema haben, obgleich Kozak die Zunahme von Stencils spezifischen Entwicklungen in Argentinien zuschreibt, die in Kapitel 2 skizziert werden. Wie die Fotodokumentation, die im Rahmen dieser Forschung erstellt wurde, mit einem Umfang von etwa 1000 Motiven erahnen lässt, stehen andere Straßen von Buenos Aires der Hipólito Yrigoyen hinsichtlich der Quantität und Varietät von Stencils in nichts nach. Entgegen der Auffassung Kozaks fanden sich darunter eine Vielzahl von Motiven, die aufgrund ihrer politischen, sozialen und kulturellen Bezüge meines Erachtens nicht (nur) als Kunst, sondern als [...]

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