Experimentierfeld Schreibschule

Die Anthologie präsentiert erstmals literarische Abschlussarbeiten der Autoren des DDR-Literaturinstituts 'Johannes R. Becher' von 1955 bis 1993. Von 1955 bis zu seiner Abwicklung 1993 war das Literaturinstitut 'Johannes R. Becher' in Leipzig die singuläre Institution der Autorenausbildung im gesamten deutschsprachigen Raum. Aus der DDR-Institution gingen zahlreiche namhafte Autoren hervor, u. a. Erich Loest, Ulrich Plenzdorf, Sarah Kirsch, Barbara Köhler und Ronald M. Schernikau. Das Becher-Institut stellte nicht nur ein Spezifikum der DDR-Literaturgeschichte dar: Es war der in der jüngsten Literaturgeschichte beispiellose Modellversuch der Etablierung eines formalisierten Künstlertums, das sich unter Ablehnung genieästhetischer Traditionen an einer sozialistisch geprägten Regelpoetik orientierte. Das Becher-Institut kann als geschichtliche Vorgängerin heutiger Literaturinstitute begriffen werden. In der Anthologie werden erstmals literarische Abschlussarbeiten von dreißig Institutsabsolventen präsentiert. Diese historischen Dokumente zeugen von der Dynamik des 'Experimentierfelds Schreibschule' - etwa bei der Erprobung neuer Schreibweisen, in der Auseinandersetzung mit literarischen Traditionen oder im andauernden Konflikt zwischen künstlerischer Autonomie und restriktiven Zensurbestrebungen.

Sebastian Weirauch, geb. 1984, studierte Soziologie und Literaturwissenschaft an der RWTH Aachen. Zweitstudium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Tätigkeiten u. a. als (Radio-)Journalist, Betreuer und Festivalorganisator. 2017 Promotion über Elfriede Jelinek. Danach Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Leipzig zur Betreuung des Digitalisierungs- und Editionsprojekts 'Das Textarchiv des Literaturinstituts Johannes R. Becher 1955-1993'.

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