Fiesta, Ramadan und tote Helden

Schon der Titel von Peter Oefeles Buch assoziiert eine Verbundenheit mit Jack Kerouacs Romanen. Dabei ist ¿Fiesta, Ramadan und tote Helden¿ nicht als Pedant zu ¿Engel, Kif und neue Länder¿ oder ¿Gammler, Zen und Hohe Berge¿ zu verstehen und er strebt einen solchen Vergleich auch nicht an. Was uns der Autor (der unter dem Pseudonym Sugar Ray schon Storys und Abhandlungen zu Musik und Literatur in Printmedien wie ¿Maskenball¿ oder ¿Zukunft heute¿ veröffentlicht hat) mit seinem Debüt vorlegt, ist ein ganz persönlicher Reisebericht - doch sollte man sich von der Bezeichnung Reisebericht nicht verwirren lassen, damit würde man dem Inhalt des Buches nicht gerecht werden. Bei ¿Fiesta, Ramadan und tote Helden¿ gelingt Peter Oefele nämlich das seltene Kunststück, eine Brücke zu schlagen: eine Brücke zwischen Reisebericht und lyrischer Betrachtung, zwischen Hintergrundwissen und dem Gefühl on the road zu sein. Den Auslöser dieses Gefühls beschreibt der Autor auf Seite 146 folgendermaßen: ¿Die Tatsache, dass ich eine Zeitlang auf einer ganz besonderen Welle des Hochgefühls surfen durfte, hat nichts mit einem bestimmten Ort zu tun, sondern einzig und allein damit, dass ich unterwegs war.¿ Europa ¿ Afrika ¿ Rückkehr. Die Gliederung des Buches entspricht dem Erzählaufbau, der einem in der Schule gelehrt wird: Einführung ¿ Höhepunkt ¿ Schluss. Und so erzählt der Autor seine Reise nach diesem klassischen Muster: mit seinem alten Mercedes-Benz von Augsburg aus über Frankreich nach Spanien bis hinunter nach Algeciras. Dort setzt er nach Afrika über, genauer gesagt nach Marokko, das zweifellos zum Highlight seiner Reise wird. Seine Faszination für diesen nahen und doch so fernen Kontinent kann man aus jedem Satz herauslesen. Und ganz nebenbei vermittelt er - mit einer für ihn selbstverständlichen Portion Humor und Respekt - Wissenswertes und Faszinierendes über Marokko und den Islam. Der Rückweg hingegen fällt vergleichsweise kurz aus und ist mit dem wehmütigen Wissen durchsetzt, bald wieder in die Mühlen des Alltags zurückzukehren. Wer schon einmal so einen Trip gemacht hat, kennt den Drang, am Anfang schnell die Kilometer herunter zu reißen, als wäre der Teufel persönlich hinter einem her. Doch je länger und weiter man von seiner Heimat getrennt ist, umso entspannter wird man und lässt die Fremde auf sich wirken. Der Reisende vergisst das Reisen und saugt das Lebensgefühl der Einheimischen in sich auf. Diesen emotional wichtigen Punkt erreicht Peter Oefele erstmals im Süden Spaniens; ab diesem Zeitpunkt befindet er sich nicht mehr auf der Flucht, sondern auf Entdeckungstour, und darüber kann er ausgezeichnet erzählen. In seinen täglichen Notizen lässt er den Leser an seinen Überlegungen teilhaben, er bringt ihm seine Befürchtungen und Wünsche näher und rundet das Ganze mit Anekdoten über Musik und das Schreiben, über Weltpolitik, Globalisierung, Rucksacktourismus, Freundschaft, den 11. September und das Grab von Jim Morrison ab. Letztlich wird auf Seite 117 geklärt, woher der Blues eigentlich stammt: ¿Aus Afrika natürlich¿! Selbstverständlich ist diese Erkenntnis mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Der Text des 200-seitigen Buches wird durch einige Fotografien und Karten der Reiseroute ergänzt. Den Abschluss bildet eine Auflistung von Unterkünften, empfohlenen Sehenswürdigkeiten, weiterführender Literatur und themenorientierter Hyperlinks. ¿Fiesta, Ramadan und tote Helden¿ sei hiermit allen Backpackern, die sich in Richtung Südeuropa aufmachen, ans Herz gelegt ¿ ebenso wie an den Lesern, die einmal am Gefühl des ¿Unterwegsseins¿ schnuppern wollen.

Weitere Produkte vom selben Autor