Fiktionalität und Erzählen im 'Parzival' Wolframs von Eschenbach

Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,3, Universität zu Köln, Sprache: Deutsch, Abstract: Dem Roman der Moderne und Postmoderne sind als ihm exklusiv zukommende Merkmale Metafiktionalität, Autoreflexivität und Intertextualität attestiert worden. Bereits eine kursorische Lektüre von Wolframs Parzival genügt, um diese Phänomene auch für einen mittelalterlichen Text - man mag ihn nun als Artusroman, als höfischen Roman oder als höfisches Epos bezeichnen - in einem Grade nachzuweisen, der frappiert und insofern einer Erklärung bedarf. Dabei fallen insbesondere diverse Kommunikationsprozesse ins Auge: Der Erzähler adressiert mehrfach das Publikum, spricht andere Autoren an, unterhält sich mit allegorischen Figuren (vrou minne, vrou witze und vrou âventiure), stellt poetologische Reflexionen an, die er en passant oder auch engagiert dem Rezipienten mitteilt, und inszeniert fortwährend sowohl diesen Kommunikationskomplex als auch sich selbst und sein Erzählen.1 Dadurch verändert er den Fiktionalitätsgehalt des Werks, irritiert den Leser bzw. Hörer kontinuierlich, posiert, kokettiert mit seiner vermeintlichen Inkompetenz und relativiert etliche Aussagen.2 Die Komponente des Spiels ist evident, jedoch kommen ein taktischer und ein epistemischer Aspekt hinzu. Das 'Koordinatensystem aus Erzählmaske und Erzählhaltung'3 dient, so meine erste These, weniger einer Etablierung der Epik gegenüber dem Minnesang4 als vielmehr dazu, das Publikum in einen intellektuellen Agon zu verwickeln und zugleich eine Reflexion zu initiieren, die das Problem der Wahrheit und potentiell auch das der Autorkonstitution zum Gegenstand hat. [...]