Frau Holle, Frau Percht und verwandte Gestalten

Im Vorwort zur zweiten Auflage seiner 'Deutschen Mythologie' (1844) bezeichnet Jacob Grimm seine These, Frau Holle und analoge Gestalten des deutschen Volksglaubens seien heidnisch-germanischen Ursprungs, als exemplarisch für die Erforschung der germanischen Mythologie im deutschen Sprachraum. Diese programmatische Äußerung hat seit Ende des 19. Jahrhunderts bis heute zu einer Fülle von Gegenthesen geführt, denen freilich außer der Frontstellung gegen Grimm wenig gemeinsam ist. In der vorliegenden Studie soll durch additive Anwendung mehrerer Methoden - die Auswertung eines Belegs aus der mittelalterlichen jüdischen Belieferung, die Aufarbeitung aller Zeugnisse aus der christlichen Antiaberglaubensliteratur vom Mittelalter bis gegen 1800 und vor allem die Sprachgeographie - gezeigt werden, dass Grimm hinsichtlich dieser Gestalten im wesentlichen recht hatte, obwohl Einwände gegen seine Darstellungsart anzumelden sind. Das Lebendige an seiner These ist nicht so sehr seine Betonung des germanischen Ursprungs, sondern seine Einsicht in die Wichtigkeit des weiblichen Prinzips als religionsprägenden Faktors selbst im 'wodanistischen' Spätheidentum.

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