Freiheit - Gleichheit - Sinnlichkeit

Versteckt, verboten, zensiert: Wo in der Literatur der Goethezeit Freigeisterei, Sinnlichkeit oder gar Sex Erwähnung fanden, war die Zensurschere schnell zur Hand. Und doch gab es eine erstaunliche Menge an libertinen Texten - oft anonym gedruckt, unterm Ladentisch gehandelt: Hier sind sie, lest und staunt!  Ähnlich wie 1968 fand schon im 18. Jahrhundert eine Art Revolution des Denkens und Schreibens statt: Man besann sich auf das Hier und Jetzt (statt aufs Jenseits), man feierte Körper und Dasein, man schwor der Erbsünde ab und dachte »über den Trieb, sich zu gatten« (Johann Reinhold Lenz) nach - oder man beschrieb ihn gar. Freilich meist im Verborgenen, in anonymen Schriften oder - zu Zeiten der Französischen Revolution - in einer Flut von Büchern, die heimlich gehandelt wurden.  Zentren dieser Bewegung waren der freigeistige Hof Friedrichs des Großen, Großstädte (»Du Sodomsort, Du neues Gomorrha«) wie Wien und Berlin und die Schreib­stuben der Dichter, die auf die Unverkrampftheit heid­nisch-antiker Autoren gestoßen waren. Erst mit der Restauration verschwand dieses Schrifttum wieder - um hinfort von der Germanistik ignoriert zu werden. Doch unsere Zeiten sind frei: Und so versammeln diese Bände, was es an libertiner Literatur in Deutschland gab, von obszönen anonymen Romanen wie Schwester Monika bis zu Werken berühmter Autoren wie Heinse, Goethe, Wieland und Lenz.

Im Auftrag der Berliner Akademie der Wissenschaften, finanziert von der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, forschten Markus Bernauer und Josefine Kitzbichler jahrelang zur bisher vernachlässigten libertinen Literatur Deutschlands, fahndeten nach Texten (manches gibt es nur in Nachlässen oder weltweit nur in wenigen Exemplaren), und edierten viele davon erstmals ungekürzt und unverstellt. Die zweibändige Sammlung Freiheit - Gleichheit - Sinnlichkeit. Literatur des Libertinismus in Deutschland ist das Ergebnis ihrer Arbeit.

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