Wer an Revolutionen denkt, hat »Die Freiheit führt das Volk« von Delacroix vor Augen. Johannes Grave wirft einen neuen Blick auf das Gemälde und zeigt, wie Bilder Freiheit erfahrbar machen können. Dem Gemälde »Die Freiheit führt das Volk« ist eine merkwürdige Ambivalenz eigen. Einerseits hat sich Eugène Delacroix' Bild als affirmative Ikone der Julirevolution von 1830 im kollektiven Gedächtnis festgesetzt. Andererseits ist seine frühe Rezeption kontrovers und keineswegs vorbehaltlos enthusiastisch. Den Weg zu einem besseren Verständnis dieser Zwiespältigkeit kann die auf den ersten Blick überraschende Idee eines zeitgenössischen Kunstkritikers bahnen: Als Gustave Planche 1831 den besonderen Wert des Gemäldes zu begründen versuchte, betonte er, dass dessen Qualität erst nach längerer Betrachtung hervortrete. Wie ändert sich der Blick auf das Bild einer Momentaufnahme, wenn es lange angeschaut wird? Was folgt daraus, wenn Delacroix - der Lessings »Laokoon« aus eigener Lektüre kannte - einen Moment der revolutionären Dynamik stillstellt? Und wie verhält sich das Bild dabei zu seinem zentralen Thema: der Freiheit? Am Beispiel von Delacroix' Gemälde lässt sich nachvollziehen, wie Freiheit - über konventionelle allegorische Darstellungen hinaus - durch die dem Bild eigene Zeitlichkeit auf einzigartige Weise greifbar werden kann.

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Freiheit? Johannes Grave

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