Gebeugter Geist

Eine systematische Studie über die Reflexion von Geist und Sprache, Poetik und Textkultur, Abstammung und »Rasse' in der europäischen Philologie. Die moderne Philologie war lange eine »Leitwissenschaft', die gesellschaftlich relevante Aussagen über den Menschen traf. Früher als naturgeschichtliche Ansätze konnte sie den menschlichen »Geist' aus den Sprachen, Zeichensystemen und Textarchiven der Welt aufschlüsseln. Als Europa zur Weltmacht aufstieg, lag der erkenntnistheoretische Beitrag der Philologie zur Rassenanthropologie in der Vermengung von Sprach- und Schriftstrukturen, Formprinzipien und Gattungsfragen mit vermeintlichen kognitiven Potentialen von Sprechern und Schreibern. Zugleich haben Philologen so gewonnene Annahmen einer Kritik unterzogen, die sie aus der philologischen Hermeneutik und Methodik selbst entfalteten. Anhand philologischer Konzeptionen von Denkern wie Friedrich Schlegel, G. W. F. Hegel, Michele Amari, Jean-Pierre Abel-Rémusat oder Ernest Renan arbeitet die Studie die Reflexion dieser umkämpften Wissensbestände systematisch auf. Hieraus lassen sich Anhaltspunkte für eine zukunftsfähige Philologie gewinnen, die sich heute mit naturalistischen Diskursen über den Menschen ebenso auseinandersetzen muss wie mit dem Erbe des europäischen Universalismus und der politischen Überhöhung kultureller Differenz.

Markus Messling, geb. 1975, ist Stellvertretender Direktor des Centre Marc Bloch Berlin. Von 2009 bis 2014 leitete er die Emmy Noether-Nachwuchsgruppe »Philologie und Rassismus im 19. Jh.' der Deutschen Forschungsgemeinschaft an der Universität Potsdam. Gastprofessuren und Fellowships an der School of Advanced Study der University of London, der University of Cambridge, der EHESS Paris sowie der Kobe University in Japan.

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