Gedichtinterpretation von Ovids 'Amores 1,6'

Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Latinistik - Literatur, Note: 1,3, Humboldt-Universität zu Berlin (Klassische Philologie), Veranstaltung: Ovid, Amores, Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Diese allgemeinen Charakteristika lassen sich auch bei Ovid finden. Während in der vorovidischen Dichtung das Pathos der Liebe und des willkürlich- unerbittlichen Liebesgottes auf ernsthafte Weise behandelt wurde , fasst Ovid Liebe als ein nicht so ernst zu nehmendes Spiel auf, das durch die Regeln und Topoi der Vorgänger schon festgelegt ist2. Brooks Otis sieht Ovids Liebeselegie sogar als eine 'reductio ad absurdum' der Gattung wie sie für Properz und Tibull charakteristisch war, die sich durch 'Umschweife und irreführende Ernsthaftigkeit'3 auszeichnet. Ovid entwickelt das Thema in Anlehnung an Tibull und Properz, die zum tragischen Genus tendierten, zwar spielerisch und komisch, aber mit dennoch täuschend echter Ernsthaftigkeit. Die Amores bestehen, so wie sie uns in der zweiten Ausgabe überliefert sind, aus drei Büchern. Von den fünfzehn Gedichten des ersten Buches sind die Elegien zwei bis sieben und neun bis vierzehn thematisch parallel angeordnet; sie werden umrahmt von den Programmgedichten eins, acht und fünfzehn4. Der Grund für das Verfassen einer Elegie (am. 1.1) ist der Liebesgott Amor, der ein Versmaß stahl und den Dichter mit einem Liebespfeil traf, so dass dieser von seinem Vorhaben ein Epos zu schreiben abkam und sich in Corinna verliebte. So wie sich die Erfüllung in der Liebe (1.5) und die Absage (1.12) gegenüberstehen, so entsprechen sich auch die Elegie 1.6, die hier genauer analysiert werden soll, mit der nächtlichen Klage vor der Tür der Geliebten und die Elegie 1.13 mit dem Abschied am Morgen. Im folgenden möchte ich zeigen wie Ovid das bekannte Motiv des Paraklausithyron auf äußerst witzige, amüsante Weise entwickelt, indem er den exclusus amator lächerlich macht, und doch oberflächlich die Ernsthaftigkeit eines Properz oder Tibull bewahrt. Dabei zeichnen vor allem die Verwendung eines Refrains und die starken Kontraste innerhalb des Gedichtes das nach Erich Reitzenstein 'neue Kunstwollen' des Dichters aus. 2 Reitzenstein, Erich: Das neue Kunstwollen in den Amores Ovids. in: Michael von Albrecht, Ernst Zinn (Hg.) : Ovid. 1. Auflage. Darmstadt 1968 (Wege der Forschung 92). S. 210ff. 3 Otis, Brooks: Ovids Liebesdichtungen und die augusteische Zeit. in: Michael von Albrecht, Ernst Zinn (Hg.) : Ovid. 1. Auflage. Darmstadt 1968 (Wege der Forschung 92). S.237. 4 P. Ovidius Naso: Amores. Liebesgedichte. Lateinisch und Deutsch von Michael von Albrecht. Stuttgart 1997.S. 232.

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