Geschichten für Marlene

Mein Leben hätte so einfach verlaufen können, wäre ich nicht Pfarrer, sondern zum Beispiel Tellerwäscher geworden! Ich hätte acht Stunden täglich Teller gewaschen, getrocknet und in Schränke eingeräumt. Nach getaner Arbeit wäre ich auf mein Zimmer gegangen, hätte eine Zigarette geraucht, mich mit Wein oder Bier abgefüllt, wäre etwas später ins Bett gefallen und friedlich eingeschlummert. Ich hätte mir keine Gedanken gemacht über Gott und die Welt und hätte ziemlich sicher keine Albträume. Franc Prosenjak erzählt auf seine unnachahmliche Art von seiner Zeit als Pfarrer in der Wetterau. Geschichten, die sein Beruf mitbrachte und die doch viel mehr bedeuten: Sie zeigen das Leben selbst in all seinen Facetten. Zudem schildert der Autor ein Familienereignis, das sein Leben erschütterte und in eine neue Bahn lenkte ... daraus entstanden die 'Geschichten für Marlene'.

Franc Prosenjak: Zwei saftige Ohrfeigen meines Lehrers und die Androhung weiterer Prügel änderten in der vierten Klasse meine Einstellung zum Lernen. Unter dem Einfluss des gewalttätigen Pädagogen entdeckte ich, dass mein Hirn nicht nur dazu da war, das große Loch in meinem Kopf zu füllen. Die erste brauchbare Erkenntnis meines Lebens. In der Folgezeit mauserte ich mich vom Faulenzer zum abscheulichen Streber. Um meiner angeborenen Armut zu entkommen, floh ich nach dem Schulabschluss von zu Hause. Eine zufällige Begegnung mit einem Priester brachte mich ins Grübeln. Ich begann das Studium der Theologie und wurde Priester, obwohl Gottvertrauen nicht gerade meine Stärke war. Genauso wie die Auslegung des Zölibats. Auf einer Skipiste in Tirol wurde die Slalomfahrt meines Lebens von einer Skilehrerin durchkreuzt. Wir heirateten und bekamen Kinder. Von der katholischen Kirche gefeuert, trat ich in den Dienst der evangelischen Kirche ein.

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