Geschrieben - Geblieben

Geschichte kann man zwar nicht ändern, aber interpretieren, wozu auch immer. Und sie kann sich nicht dagegen wehren. Sehr nahe kommen wir der Vergangenheit, wenn wir die Aufzeichnungen von Zeitzeugen lesen, die natürlich auch wertend sein können. Aber so erfahren wir etwas darüber, wie sie ihr eigenes Jetzt und Heute empfanden. Da ist alles individuell. Und gelegentlich begegnen wir auch berühmten Namen. Was beeindruckt den heranwachsenden Wilhelm Dolles, strebsamer Kaufmannslehrling und künftiger Weinhändler aus Bodenheim am Rhein, im Jahre 1862 auf seiner Reise von Köln nach London? - Eisenbahn, Weltausstellung, Kristallpalast, modernste Dampf- und Kältetechnik, Bauwerke, Vergnügungen, Infrastruktur, Hotellerie, Lebensweise, erste Metro der Welt usw. usw. Er ist unerschöpflich in seinen Beobachtungen, notiert alles gewissenhaft und macht daraus ein Buch für seine Mama. Was hält Wilhelm für berichtenswert während seiner Praktikantenzeit in Bordeaux? In seinen Briefen hinterlässt er ein buntes Abbild seines gesellschaftlichen Umfeldes. Wir geraten in die Zeit des Deutsch-Französischen Krieges und erfahren, wie Wilhelms Schwager als Arzt Verwundete behandelt und das deutsche Lazarettwesen beurteilt. Der Katholik Wilhelm heiratet die Jüdin Carolina. Die Weiherede anlässlich der Vermählung ist ein beachtenswertes Zeitzeugnis. Wir verfolgen, wie sich ein Charakter formt, und können ein Stück Geschichte miterleben, indem wir eine Familie ein bisschen auf ihrem Weg begleiten und uns dafür überlieferter Aufzeichnungen und einer Fülle zeitgenössischer Abbildungen bedienen.

Karl Brellinger ist Jahrgang 1949 und stammt aus Sachsen-Anhalt. Nach Abitur und Lehre fuhr er einige Jahre als Funker auf einem Marine-Schiff, arbeitete danach als Elektriker, studierte Mess-, Steuer- und Regelungstechnik und Kernkraftwerkstechnik. Nahezu 4 Jahrzehnte war er als Ingenieur auf dem Gebiet der Instandhaltungsorganisation in Kernkraftwerken tätig. Er zeichnet gerne Karikaturen, angeregt durch die Mitarbeit an der populärwissenschaftlichen Abhandlung "Die Domestizierung des zweiten Feuers" von Dr. Serge Prêtre, in der deutschen Version im Internet zu finden unter: http://www.second-fire.ch/downloads/01_2ndfire_de.PDF Ansonsten ist er ein Freund scharfzüngiger, handwerklich gut gemachter Büttenreden, und so stand er denn auch lange Zeit als Karnevalist mit selbstgeschmiedeten Versen vor närrischem Publikum auf der Bühne. Schon früh begeisterte er sich für Sachbücher über Kulturen des Altertums - ausgelöst durch die Lektüre des Buches "Das Grab des Tut-Ench-Amun" von Howard Carter. Seit der deutschen Wiedervereinigung interessiert ihn besonders die deutsche und europäische Geschichte und deren Widerspiegelung in den Medien. So entstand die Idee zu dem vorliegenden Buch.