Graswurzelfeuilleton

Inhaltsangabe:Einleitung: Das Feuilleton, so hört man immer wieder, befindet sich in der Krise. Darin scheinen sich selbst die Akteure dieses streitbaren Ressorts ausnahmsweise mal alle einig zu sein. Zwar kommt Bonfadelli aufgrund mehrerer quantifizierender Inhaltsanalysen zu einem scheinbar beruhigenden Ergebnis: ‘Die Kulturberichterstattung im weitern (sic) und das Feuilleton im engern (sic) Sinn sind in den vergangenen 25 Jahren nicht abgebaut worden’. Doch das Vokabular, dessen sich manch ein Teilnehmer der Debatte über Sinn und Unsinn des Feuilletons bedient, wirft unweigerlich die Frage auf: wie lange noch? Von ‘Degeneration’ spricht der Feuilleton-Chef der Tageszeitung Die Zeit, Jens Jessen. Gerhard Stadelmaier, Theaterexperte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, beschwört den Untergang der Theaterkritik, den die wachsende Ökonomisierung der Medien mit sich bringe; Heß prophezeit kurzerhand das nahende ‘Ende der Kultur, dem der Untergang des Abendlandes auf den Fuß folgt, kurz nachdem das Ende der Kritik, der Kultur-Kritik (...) gekommen war. Kulturverlust durch Kulturinflationierung, Verlust der Qualität durch Anbiederung an die Masse.’. Es wirkt also fast wie eine logische Schlussfolgerung, wenn Franziska Augstein, Kulturredakteurin der Süddeutschen Zeitung, konstatiert, das Zeitungsfeuilleton sei ‘eine Institution, die sich auf dem Wege zu ihrer Abschaffung befindet’. Die Liste der Symptome, die dem Kulturressort unterstellt werden, ist lang. Von ‘inhaltlicher Nivellierung und Einheitssauce’ ist da etwa die Rede, von einem Ressort, das sein Heil angesichts der kulturell entgrenzenden Auswirkungen des postmodernen Zeitgeists und folglich sinkender Leserzahlen in traditionell ausgerichteten Feuilletons in der thematischen Grenzenlosigkeit sucht - und sich dabei inhaltlich in Luft aufzulösen droht. ‘Wir haben Aufmacher über die Tour de France’, so der Kulturkritiker Lothar Müller, ‘aber wir haben keine Aufmacher über den gegenwärtigen Stand der Schauspielkunst in Deutschland’. Heß zufolge leidet das Ressort angesichts seiner thematischen Zusammensetzung schlicht an ‘Realitätsverlust’. Gleichzeitig attestieren Beobachter den Kulturkritikern, deren demokratische Pflicht es nicht zuletzt ist, eine öffentliche kulturelle Debatte anzuregen und zu begleiten, ‘einen Hang zur von Außenstehenden kaum nachvollziehbaren Selbstinszenierung.’ Schulz beklagt eine ‘Abnahme der kritischen Qualität’. Als Autorität in Sachen Kunst und Kultur habe das [...]