Grenze zum gestrigen Tag

Von ihr, nur von ihr hängt das häusliche Glück und der Friede ab. Alle erwarten es so, die Kinder und der Gefährte, die Erpel im Gehege, das Pferd im Stall, am dringlichsten sie selbst. Die Ich-Erzählerin liebt ihre Pflichten, und sie ist froh, wenn ihre Sorgen aussehen wie die anderer Leute auch. Eine Mauer aus Aufgaben soll sie schützen vor Fluchtgedanken und Verzagen, denn nichts ist normal an diesem Leben im verschrobenen Haus am See. Mit aller Kraft übt sie das Augenverschließen: vor den Grenztürmen, den Minen und den Wachhunden am Ende des Gartens, vor den nicht gestellten Fragen an Hugo, den Partner, vor der unaufhaltsamen Krankheit der Tochter. Doch Stück für Stück entgleitet ihr dieses Leben. Nach Bettys Tod ist Hugos Ausbürgerung schon jenseits des Faßbaren. Helga Schütz gelingt in diesem Roman jene seltene Heiterkeit und Leichtigkeit, durch die sich die schmerzvollen Dinge um so nachhaltiger mitteilen. 'Der Roman von Helga Schütz ist eines der Erinnerung bewahrenden Bücher, die wir im Jahr zehn der deutschen Einheit brauchen - gegen das Verschleifen, gegen das Verwischen, gegen das Gleichmachen, gegen das Vergessen.' Konrad Franke, Süddeutsche Zeitung 'Anders als Jirgl und Hilbig, die in den Bergwerken des Ostens nach den schwärzesten aller Sätze graben, steht Helga Schütz, nicht allzu weit von Sarah Kirsch und in den nämlichen Gummistiefeln, im Garten und liebkost in familiär erdzugewandter Prosa die Elemente, den Gefährten und das Haselgesträuch. Jede Zeile erzählt von der Diktatur, ohne von ihr versehrt worden zu sein. Man glaubt in solchen Zeugnissen lauter letzte Töne zu hören, die so verspätet wie das Sternenlicht bei uns ankommen und die morgen verschwunden sein werden.' Iris Radisch, DIE ZEIT

Helga Schütz wurde 1937 in Falkenhain/Schlesien geboren. 1944 Umsiedlung nach Dresden. Nach einer Gärtnerlehre Arbeit als Landschaftsgärtnerin. ABF. Nach dem Studium an der Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg wurde sie freie Autorin und schrieb Drehbücher und Szenarien zu Spiel- und Dokumentarfilmen, später auch Romane und Erzählungen. Em. Professorin an der Hochschule für Film und Fernsehen. Sie lebt in Potsdam. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen.

Zuletzt erschienen: Grenze zum gestrigen Tag (Roman, 2000); Dahlien im Sand. Mein märkischer Garten (2002); Knietief im Paradies (Roman, 2005); Sepia (Roman, 2012); Die Kirschendiebin (Erzählung, 2017);  Von Gartenzimmern und Zaubergärten (2020).

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