Grenzen des Dialogischen in Dostojewskis "Schuld und Sühne". Eine Auseinandersetzung mit Michail Bachtins Romantheorie

Bachelorarbeit aus dem Jahr 2022 im Fachbereich Literaturwissenschaft - Slawische Länder, Note: 1,3, Humboldt-Universität zu Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Um Dostojewski zu analysieren, bedarf es für Bachtin eines gänzlich neuen analytischen Instrumentariums, das seinerseits nur dann fruchtet, wenn es auf den polyphonen und nicht den homophonen Roman angewendet wird. Ein solches Instrumentarium versucht Bachtin darzubieten. Laut Bachtin haben Kritiker und Forscher seiner Zeit die Besonderheit der polyphonen Romanstruktur Dostojewskis nicht erkannt. Sie untersuchten seine Werke vielmehr aus monologischer Perspektive und setzten den Akzent auf die im Werk dargestellten Themen, Ideen und Gestalten, anstatt die Wirkung dieser erzählten Welt auf das Bewusstsein der Figur selbst wiederzugeben. Dostojewskis Werke wurden stattdessen fälschlich als philosophische Monologe verstanden, in denen eine monologische, sich im Horizont eines einzigen Autorbewusstseins bewegende Welt vorherrscht. Den Hauptunterschied zwischen diesen beiden Romantypen sieht Bachtin darin, dass im monologischen Roman die Auffassungen und Urteile des Autors über alle übrigen dominieren und ein kompaktes, nicht zweideutiges Ganzes ergeben müssen. Die Protagonisten des polyphonen Romans hingegen vertreten unvereinbare Standpunkte, deren Konkurrenz nicht durch eine übergeordnete Autorinstanz entschieden wird.