Haftung für Automation

Wer haftet für Entscheidungen des Autopiloten eines Kraftfahrzeuges? Der Fahrer, würde man vermutlich schnell aus dem Bauch heraus beurteilen, und sich der Widersprüchlichkeit der Aussage zunächst nicht bewusst sein. Es erscheint als eine einfache Frage, deren rechtliche Folgen der nachstehende, rein hypothetische Fall andeutet. Ein von einem Autopiloten gesteuertes Kraftfahrzeug erkennt einen bevorstehenden Unfall und berechnet, dass mit dem Unfall die Gefährdung von drei Personen verbunden ist. Ein Ausweichmanöver würde nur eine Person auf dem Bürgersteig gefährden, vermutlich lebensgefährlich. Es (oder er) entscheidet sich für das Ausweichmanöver, wodurch die Person auf dem Bürgersteig getötet wird. Insbesondere, wenn eine Entscheidung nicht gleich oder nur begrenzt nachvollziehbar ist, stellt sich die Frage der Verantwortung und Zurechnung dieser Entscheidung. Die Automation, so muss man wohl erkennen, ist derzeit ein vorwiegend technisches Forschungsgebiet. Die rechtlichen Folgen der Verwendung eines Autopiloten im Kraftfahrzeug oder auch des Besuches eines automatischen Supermarktes ohne Personal sind nicht weniger von Interesse, aber weniger intensiv von der rechtlichen Forschung berührt. Zunehmend werden manuelle Tätigkeiten von – zumindest erstem Anschein nach – intelligenten Maschinen übernommen. Wer auch immer eine solche Maschine einsetzt und Umwelt, Mensch und Automaten zusammenwirken lässt, muss sich die Frage nach der Verantwortung für diesen Automaten stellen. Denn wo früher eine Person war, die für von ihr verursachte Schäden haftete, steht nun eine Maschine ohne Bewusstsein und Haftungsmasse. Für ihr Versagen oder ihre Fehlentscheidungen und die hieraus folgenden Konsequenzen ist zu klären, wer letztlich dafür einzustehen hat und wie diese Einstandspflicht rechtlich begründet werden kann. Zwar ist das eine Frage, die seit der zunehmenden Industrialisierung bereits bekannt und diskutiert ist. Allerdings zeigt gerade die neuste Entwicklung, dass der Grad der Automatisierung und die Komplexität der möglichen, automatisierten Vorgänge eine erneute, intensive Betrachtung lohnenswert erscheinen lässt. Ziel der Arbeit ist es, ein zivilrechtliches Haftungskonzept für selbsttätige Automation zu erarbeiten. Vorfragen hierzu, insbesondere Begriffe und Definitionen, werden in den §§ 2 und 3 der Arbeit vorangestellt. Eine ausführlichere Untersuchung der Haftungsverhältnisse nach deutschem Zivilrecht folgt in § 4 anhand verschiedener Beispielsfälle. Die Auswahl der Fälle ist mangels passender gerichtlicher Entscheidungen schwierig1. In Anlehnung an reale lassen sich aber passende Fälle konstruieren. Dem schließt sich ein kurzer Exkurs zu Zurechnungsfragen im deutschen Strafrecht in § 5 an. In § 6 folgt ein rechtsvergleichender Teil, der vor allem einige ausführlichere Darstellungen des US-Rechts enthält, aber auch auf die zwei vorgelegten Entwürfe für ein europäisches Deliktsrecht eingeht sowie eine kurze Zusammenfassung zur Gardienhaftung in anderen europäischen Ländern vorsieht. In diesem Rahmen bleibt aber das Deliktskollisionsrecht außen vor. Die Entwicklung des Haftungskonzeptes erfolgt in § 7. Neben dem kurzen historischen Abriss zur Entwicklung des Haftungsrechts enthält dieses Kapitel die wesentlichen Überlegungen zur Ausgestaltung und zu den Mitteln der Ausgestaltung.