Heinrich von Morungen, Verteidiger der Minneklage?

Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Ältere Deutsche Literatur, Mediävistik, Note: 1,7, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Germanistik), Sprache: Deutsch, Abstract: In Des Minnesangs Frühling sind Töne einer Vielzahl von Dichtern aus den verschiedensten Handschriften von Hugo Moser und Helmut Tervooren gesammelt und editiert. Aus verschiedenen Handschriften eines Tones zusammengestellt, findet sich in Des Minnesangs Frühling eine neue Edition, die das Beste aus den zu Grunde liegenden Handschriften vereinen soll. Der Ton, von Mittelhochdeutsch dôn (Gesangsweise, Melodie, Lied), umfasst Reimschema, Metrik, Form und Melodie, also das Lied in seiner Ganzheit. Wenn ein Ton in zwei Handschriften auf unterschiedliche Weise vorhanden ist, können die einzelnen Strophen allerdings nur aus einer Leithandschrift übernommen werden. Hierbei besteht immer die Gefahr, dass Aspekte des Liedes verloren gehen, wie es auch in Heinrich von Morungens Lied ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' der Fall ist. Daher gilt es, die Editionsarbeit in des Minnesangs Frühling nachzuvollziehen und mit den originalen Handschriften zu vergleichen. Heinrich von Morungen preist in seinen Liedern häufig Damen an, wird aber von diesen nicht gewürdigt, sondern abgelehnt. Dennoch wird das vornehme Gemüt, die schöne Erscheinung und das hohe Ansehen der Dame besungen, ihr hôher muot und ír schoene und ihr werdecheit. Es sind allerdings gerade diese vorzüglichen Eigenschaften der Dame, die dem Sänger zum Verhängnis werden und dieser bleibt alleine mit seinem Kummer über die nicht erwiderte Liebe. Doch eben jener Kummer wird in ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' ebenfalls von der Angebeteten kritisiert. Der klagende Gesang schmerzt die Dame und sie fordert den Minnesänger auf, er solle schweigen, wenn er nicht freudenvollere Lieder anstimmen könne. Aber das wiederum missfällt dem Sänger; Heinrich von Morungen spricht sich in Lied II in Des Minnesangs Frühling für die Minneklage aus und hält quasi ein Plädoyer für das Klagelied. Diese Stelle kommt so allerdings nur in der Version des Liedes in der kleinen Heidelberger Liederhandschrift vor. Da in Des Minnesangs Frühling die Edition des Liedes aus Sigle A und der großen Heidelberger Liederhandschrift zusammengeführt wurde, kommt hier die eigentliche Aussage allerdings nicht zum Vorschein, weswegen Kritik an dieser Edition geäußert werden muss. Im Folgenden soll gezeigt werden, ob ,Mîn liebeste und ouch mîn êrste' in der Version der Sigle A trotz geringerer Strophenzahl mehr zu bieten hat und ob die Version des Liedes in Des Minnesangs Frühling der eigentlichen Aussage gerecht wird.

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