Nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die Rotenburger Anstalten der Inneren Mission, eine der größten Heil- und Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen, ihre Arbeit wieder auf. Tristesse, Erlebnisarmut und Gewalt gehörten hier allerdings lange zum Alltag der Bewohnerinnen und Bewohner. Hinzu kam - bisher selten beachtet - ein überbordender Einsatz von Psychopharmaka und Beruhigungsmitteln, und mitunter wurden »renitente« Pfleglinge sogar stereotaktischen Hirnoperationen unterzogen. Das »Grüne Tor« bildete in Rotenburg viele Jahre lang die Grenze zwischen »Anstaltswelt« und »normaler Welt«. Seit dem Ende der 1960er Jahre kam es jedoch zu einem tiefgreifenden Wandel. Die Einführung vielfältiger heilpädagogischer Maßnahmen löste allmählich die »verwahrende Pflege« ab, und es kam zu einer Öffnung der Einrichtung. Arbeitstherapie, Ausflüge und Kulturveranstaltungen ermöglichten Kontakte in die Stadt Rotenburg und erzeugten neue Lebenswirklichkeiten. Das Buch befasst sich mit den Gewaltstrukturen in den Rotenburger Anstalten und der Gewaltpraxis »auf Station«, dem Medikamenteneinsatz - auch im Rahmen von Versuchsreihen - sowie mit dem Verhältnis zwischen der Einrichtung und der Stadt Rotenburg.

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