Historische Wissenssoziologie des modernen Antisemitismus

Eine wissenssoziologische Rekonstruktion der Entwicklung der Semantik des modernen Antisemitismus im 19. Jahrhundert in ihrer Relation zu einem kollektiven Selbstbild. Soziologische und historische Untersuchungen zum Antisemitismus konzentrieren sich in der Regel auf das antisemitische Feindbild. Antisemitische Feindbilder aber stehen nicht alleine. Sie sind auf kollektive Selbstbilder bezogen. Die Historische Wissenssoziologie des modernen Antisemitismus arbeitet den innovativen Ansatz, den Antisemitismus in seiner Relation zu einem kollektiven Selbstbild zu analysieren, historisch aus: Sie rekonstruiert die Entwicklung des Antisemitismus vom ausgehenden 18. bis zum späten 19. Jahrhundert als Prozess seiner Nationalisierung. Triebkräfte dieses Prozesses auf der Ebene des Wissens sind Veränderungen in der sozialen Organisation der modernen Gesellschaft. Die Untersuchung hat erhebliche Konsequenzen für Differenzierungen, die sich in der Antisemitismusforschung durchgesetzt haben, und damit für das Verständnis der Geschichte und Entwicklung des modernen Antisemitismus. So wird etwa die etablierte Unterscheidung zwischen »religiösem', »kulturellem' und »rassistischem' Antisemitismus begrifflich neu gefasst: Es handelt sich um Variationen eines in seiner Grundstruktur nationalen Antisemitismus.

Jan Weyand, geb. 1966, ist wissenschaftlicher Oberassistent am Institut für Soziologie der Universität Erlangen-Nürnberg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Wissenssoziologie, Antisemitismusforschung sowie Kultursoziologie. Er wurde 2014 mit dem Habilitationspreis der Universität Erlangen-Nürnberg ausgezeichnet.

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