Hölderlin, Selbstverständnis und Positionierung im Hinblick auf die Figur Napoleons zwischen 1796-1800 anhand zweier Zeitgedichte

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Universität Konstanz (Fachgruppe Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Kampagnen in Frankreich, Sprache: Deutsch, Abstract: Blickt man, ausgehend vom 21. Jahrhundert zurück in die Rezeptions- und Wirkungsgeschichte der Werke Friedrich Hölderlins, so scheint den interessierten Leser die ungeheuere Vielfalt an Texten, an Auslegungen und Interpretationen zu erschlagen. War man im 19. Jahrhundert noch damit beschäftigt, die ungeheure Fülle literarischen Materials zu ordnen und zu chronologisieren, setzte erst mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine zunehmende Faszination und Begeisterung für seine Werke, aber auch vor allem für Hölderlin selbst als dichterische Existenz ein. Das Exklusiv-Schwierige, die Dunkelheit in vielen Gedichten, ausgelöst durch sich verstärkende Schübe der Geisteskrankheit spiegeln sich in mannigfaltigen Chiffren und Netzwerken wieder. Die Folge war die Nutzung seiner Schriften in unterschiedlichsten ideologischen Zusammenhängen. Jochen Faust beschreibt diese Entfremdung, bzw. stark reduzierende, einseitige Perspektive farblich sehr treffend mit dem 'idealischen Licht des Georgekreises über Heideggers Erdbraun, die schwärzliche Restaurationsgestalt der 50er Jahre, bis zum roten Knalleffekt von 1968'. ... In der folgenden Ausarbeitung soll nun, der Problematik der Hölderlin-Forschung bewusst versucht werden das Selbstverständnis Hölderlins als Dichter in einem engen Zeitausschnitt anhand zweier Gedichte zu untersuchen. Zugrunde gelegt wird eine Hermeneutik im Sinne eines dreidimensionalen Ansatzes (vgl. Beyer/ Brauer 2000), die das Leben (Realgeschichte), Dichten (visionäre Wahrnehmung und Darstellung) und Denken (Reflektion) des Dichters in einer zusammenfassenden Analyse untersuchen soll. Entscheidend wird es um die Fragen gehen, welche Rolle Napoleon für Hölderlin spie lte und welche Position er seiner eigenen Person im geschichtlichen Rahmen dabei einräumte. Hierbei soll auch das zunehmende Spannungsfeld zwischen den eigenen Idealen und der tatsächlich erlebten Wirklichkeit in Deutschland Gegenstand der Betrachtung sein. Die ausgewählten Gedichte bieten sich durch ihre besondere Eigenreflexion hier- für besonders an. Die französische Revolution (1789) als zentrales und prägendes Ereignis des 18. Jahrhunderts mit Einflüssen im gesamten europäischen Raum steht im Blickfeld der Realgeschichte (Leben) Hölderlins und soll im Folgenden kurz skizziert werden. Die verwendeten Gedichte stammen bevorzugt aus der Frankfurter Hölderlin Ausgabe und werden im Folgenden, außer abweichend, nicht extra gelistet.