Ich will, ich kann

Broder Christiansen (1869-1958) ist eine merkwürdige Gestalt: Er war ein Schüler Heinrich Rickerts und kam aus dem Neukantianis­mus, wandte sich dann aber dem Vitalismus und einer praktisch verstandenen Lebensphilosophie zu - und geriet von dort in die Graphologie, in die sprachliche Stillehre und schließlich in eine seltsam gottlose Mystik. Christiansen war vielleicht ein Sonderling und dabei nicht einmal besonders originell. Doch sein Einfluß war gewaltig: Er war einer der ersten Lehrer der Selbstoptimierung. Auf ihn können Ideologien des 'self-growth' bis auf den heutigen Tag zurückge­führt werden. Thomas Steinfelds Essay entwirft, zum ersten Mal, ein Bild dieses Mannes und seines Werks, in dem das Wunderliche wie das Prägnante an dieser Exis­tenz ebenso erkennbar werden wie der unauflösbare Zusammen­hang von Moderne und Selbstoptimierung. Christiansen gehörte zum intel­lektuellen Umgang Hermann Hesses und bekannter national­sozialistischer Schriftsteller. Er inspirierte den Russischen For­malismus und übte auf diesem Wege entscheidenden Einfluß auf den Strukturalismus aus. Er gehörte zu den Vertrauten Rudolf Carnaps und wirkte an der Entstehung des Logischen Empirismus mit. Entlang dieser seltsamen und überraschenden Zusammenhänge zeichnet Thomas Steinfeld nicht nur das intellektuelle Profil einer Zeit nach, sondern rekonstruiert zugleich ein unbekanntes Kapitel aus der Geschichte der Erfolgsbi­lanzen und Leistungsideologien.

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