Imaginierter Westen

Am Kreuzungspunkt der Diskurse um Nation und Raum entstanden Ende des 19. Jahrhunderts Konzepte von Grenzen, die keine Linien mehr waren, sondern Räume. Dies war die Grundlage eines Raumbildes, das Deutschland nicht nur über seine Staats-, sondern auch über die deutsche Sprachgrenze hinaus vergrößerte. Der Band untersucht diese Transformation der Grenzen am Beispiel der deutschen Westgrenze. Anknüpfend an den antifranzösischen Nationsentwurf der Politischen Romantik und die wissenschaftliche Bestimmung der westlichen Sprachgrenze werden die Konzepte »Westmark«, »Westland« und »Westraum« rekonstruiert. Von den alldeutschen, jungkonservativen und nationalsozialistischen Diskursgemeinschaften geprägt, bezeichneten diese einen deutschen Grenzraum, der von der Kanal- und Nordseeküste bis zu den französischen Alpen und zur Rhône reichte, zugleich jedoch in hohem Maße symbolisch und ideologisch aufgeladen war. Als Gegenstück zum »Ostland« wurde dieses Raumkonstrukt zum Leitbild deutscher Kriegsziel- und Germanisierungspolitik und zu einem Symbolraum des »Neuen Europa« der SS.

Thomas Müller, Politikwissenschaftler und Historiker, war Geschäftsführer des Interdisziplinären Forums Technik und Gesellschaft der RWTH und koordiniert das kulturhistorische Projekt »Route Charlemagne« der Stadt Aachen. Seine Forschungsschwerpunkte sind Ideen- und Wissenschaftsgeschichte, Nationalismus und Raumkonzepte.

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