Immanuel Kant und die Medizin

Ob Immanuel Kant (1724-1804) eigentlich ein Medicus werden wollte, oder das nur einem Förderer zuliebe behauptete, bleibt unsicher. Sich selbst hielt er aufgrund seiner engen Brust für hypochondrisch veranlagt und wahrte daher Abstand zu gefährlichen Krankheiten, vor allem denen des Geistes. Seine Studenten - darunter Herder, Herz, Lenz und Hoffmann - begeisterte er weit weniger mit Logik und Metaphysik als mit aufregenden Erkenntnissen zu fernen Ländern, ihren fremdartigen Bewohnern und dort lauernden gesundheitlichen Gefahren. Für Körperkrankheiten forderte er jenseits einer veterinärmedizinisch angelegten Therapie deren philosophische Mitbehandlung. Für forensische Fragen reklamierte er die Zuständigkeit der philosophischen Fakultät. Zum Sitz der Seele entwickelte er originelle Ideen, die zum Bau eines ersten Nervenmodells führten. Vorbehalte gegen eine Pockenimpfung konnte Kant nicht überwinden, da er eine Veränderung der Keimbahn befürchtete. Er wollte sehen wie lang das Zeug hält und verwendete in seinen letzten Jahrzehnten alle klassischen Mittel der Diätetik um sein Leben erfolgreich zu verlängern. Diese sex res non naturales spielen auch heute noch eine unverminderte Rolle in der Prävention weit verbreiteter Erkrankungen. Dann setzte ihm die electrische Revolution der Luft-Straten zu. Gegen Ende sollten ihn seine Vertrauten wie ein Kind betrachten, das der Nachwelt jedoch noch ein umfangreiches Werk mit tiefen Einblicken in sein Denken hinterliess, das Opus postumum.


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