Industriegewerkschaften im organisierten Kapitalismus

Politik und Geschichte der amerikanischen Gewerkschaften gelten in Deutschland als ein Buch mit sieben Siegeln. Haufig weiB man bei uns iiber die Arbeiterbewegung auf der anderen Seite des Atlantiks nicht vie I mehr, als daB es dort keine sozialistische Massenbewegung und keine Arbeiterbewegung gibt. Geriichte und Meldungen, daB Korruption und die Maffia auch heute noch die Gewerkschaften beherrschten, und die VorsteHung, die Arbeiterorganisationen der Vereinigten Staaten seien schlichtweg "reaktionar", flieBen gerade in den letzten Jahren in Europa in den anschweHenden Strom eines unreflektierten und moralisierenden Anti-Amerikanismus. In der vorliegenden Untersuchung wird der Versuch unternommen, jenseits der­ artiger Ressentiments Funktion und SteHung der amerikanischen Gewerkschaften in der Gegenwart zu bestimmen. Die zeitliche Begrenzung des Themas auf New Deal und Zweiten Weltkrieg, also auf ungefahr ein Jahrzehnt amerikanischer Geschichte, mag dabei zunachst iiberraschen. Der Grund hierfiir ist jedoch leicht zu nennen: In diesem Zeitraum ist nicht nur der amerikanische Kapitalismus reorganisiert worden, sondern es hat sich - u. a. durch den Eingriff des Staates - ein enges Geflecht von Beziehun­ gen zwischen Gewerkschaften und Unternehmern herausgebildet, ein System der Ar­ beitsbeziehungen, dessen Strukturen bis heute im wesentlichen gleich geblieben sind.

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