Japans neue Rolle

Junichiro Koizumi beschritt in seiner fünfjährigen Amtszeit als japanischer Premierminister von 2001 bis 2006 außenpolitisch neue Wege. Besonders in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik brach er mit der gültigen Nachkriegs-Doktrin umfassender Neutralität. Während er Entwicklungshilfe als sicherheitspolitischen Faktor zurückfuhr, trieb er die Aufrüstung maßgeblich voran. Dazu gehörte die Entwicklung eines japanisch-amerikanischen Raketenabwehrschilds, vor allem aber die Entsendung japanischer Truppen an die Kriegsschauplätze in Afghanistan und im Irak. Dabei hatte eben die passiv ausgerichtete Yoshida-Doktrin, die eine Zurückhaltung in Kriegs- und Krisenfällen propagierte, den Weg geebnet für den wirtschaftlichen Aufstieg Japans nach dem Zweiten Weltkrieg und für Tokios Einfluss in der internationalen Politik. Sebastian Grosser untersucht, welche Gründe Koizumi zu dieser Neuausrichtung der japanischen Sicherheitspolitik bewogen. Stand zunächst das wirtschaftliche Erstarken Chinas im Vordergrund, so gerieten alsbald Nordkoreas Machtspiele zur konkreten militärischen Bedrohung - unter anderem durch Raketenabschüsse über japanischem Territorium. Zeitgleich verlor der Bündnispartner USA, der kontinuierlich seine militärischen Kontingente in Ostasien abbaut und an wirtschaftlicher Macht verliert, seine Rolle als Schutzschild für Japans Ostasienpolitik.

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