Jean de Mandevilles "Les voyages d'outre mer": Quellen und literarische Leistung

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Romanistik - Französisch - Literatur, Note: 2,0, Ruhr-Universität Bochum (Romanisches Seminar / Germanistisches Institut), Veranstaltung: Die Begegnung mit dem Orient in der romanischen und deutschen Literatur des Mittelalters, Sprache: Deutsch, Abstract: Jean de Mandeville, falls es je eine Person dieses Namens gegeben haben sollte, wurde vermutlich im 14. Jahrhundert in England geboren - er selbst gibt als seinen Geburtsort St. Albans an - und wirkte in Lüttich als Naturforscher, Philosoph, Astrologe und Arzt; je nachdem, welcher realen Person man ihn zuordnet (s. Kap.2). Seine Voyages d¿outre mer oder zu deutsch Reisen wurden 1356 wahrscheinlich ebenfalls in Lüttich verfasst und verbreiteten sich rasch in Westeuropa: So gibt es fast 300 Handschriften, viele Drucke und Übersetzungen ins Lateinische und in viele Volkssprachen. Sie wurden bereits im selben Jahrhundert von Michel Velser und Otto von Diemeringen ins Frühneuhochdeutsche übersetzt. Bei den Reisen handelt es sich um einen fiktiven Reisebericht, eine Zusammenstellung aus anderen fiktiven und realen Reiseberichten, die jedoch so geschickt zusammengesetzt wurden, dass der Betrug nicht gleich auffiel. Mandeville schrieb aus etwa 20 anderen Werken, teilweise wörtlich ab, hauptsächlich jedoch stützte er sich auf zwei Reiseberichte, und zwar auf die Palästinareise Wilhelms von Boldensele und die Asienfahrt Oderichs von Pordenone. Er erwähnt seine Quellen jedoch nicht, sondern stellt sich selbst als den Reisenden dar, der in Form eines Ich-Erzählers von seinen Abenteuern erzählt. Die Reisen Mandevilles lassen sich in zwei Teile gliedern, die sich an den beiden Hauptquellen orientieren: 1) ¿Jerusalem¿: Der Reisende pilgert ins Heilige Land und beschreibt Wunder und andersgläubige Völker; Jerusalem ist nur der Ausgangspunkt zum zweiten Teil der Reise 2) ¿Ostasienreise¿: Die Reise geht über das Schwarze Meer, den Vorderen Orient, Hinterindien bis zum Reich des Großkahns Er bezieht die Teile aufeinander, indem sie beide auf einen Höhepunkt hin laufen: Im ersten Teil ist dies Jerusalem, im zweiten das Teufelstal und das irdische Paradies; an den Kapitelenden fügt er zur Steigerung die Alphabete der jeweiligen Völker ein, die immer exotischer werden. Im Mittelalter galten die Reisen als realer Reisebericht und glaubwürdig. Es kamen zwar schon früh Zweifel an einzelnen Passagen auf, die Quellen aber wurden erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts unter anderem durch Albert Bovenschen (1888) und George F. Warner (1889) aufgedeckt, die unabhängig voneinander zu fast identischen Ergebnissen kamen. Diese Quellen sollen nun näher betrachtet sowie die literarische Leistung des Autors erläutert werden.

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