Jugend, was geht?

Es ist ein Privileg junger Menschen 'eigen' zu sein - sich eigene Gedanken zu machen, eine eigene Sprache zu nutzen und eigene Wege auszuprobieren. Dieses Eigen-Sein, das oft impulsiv und fluktuierend daherkommt, irritiert die etablierte Erwachsenen-generation. Die Zweifel der Erwachsenen an den Kompetenzen und der Belastungs-fähigkeit der Jugend durchzieht alle Epochen. Ist es also grundlos, dass wir uns aktuell um die jungen Menschen in Deutschland besonders Sorgen machen? Sind das nur die üblichen Generationenvorbehalte? Oder hat sich im Umfeld der gesellschaftlich gefühlten Dauerkrise der vergangenen Jahre qualitativ etwas verändert? Überfordert diese gesellschaftliche Missstimmung die psychische Gesundheit und Resilienz unserer jungen Menschen und verhindert sie immer häufiger den individuellen Weg in das kompetente Erwachsenensein? Diese Fragen sind die Folie, auf der sich die Themenbeiträge dieser Ausgabe der Beruflichen Rehabilitation bewegen: Eine neue Trendstudie belegt, dass sich die junge Generation stärker belastet fühlt als ältere Menschen in Deutsch¬land, dass ansonsten aber die gesellschaftlichen Bewertungen ähnlich sind. Die Zunahme psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen ist Gegenstand mehrerer Beiträge in diesem Heft, aber auch, dass Jugendliche wieder beginnen optimistischer in die Zukunft zu schauen. Neben diesen Beiträgen berichtet das Heft über die erfolgreiche Arbeit Beruflicher Trainingszentren in der Integration von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. Außerdem stellt es differenziert den aktuellen und zukünftigen Personalbedarf von Einrichtungen der beruflichen und sozialen Teilhabe in einem Beitrag dar und diskutiert, ob Inklusion in die Arbeitswelt ein Luxusgut oder die soziale Verantwortung unserer Gesellschaft ist. Es ist gut, dass wir der Verunsicherung der jungen Menschen in Deutschland mit großer Aufmerksamkeit begegnen. Sensibilität dafür und die Bereitschaft zur Unterstützung darf aber nicht in hysterisches Agieren führen. Jugendliche haben das Recht auf eine eigene Sichtweise ihrer Welt und auf eigene Problemlösungsstrategien. Und schließlich gilt noch immer die alte Einsicht: 'Das einzig wirklich Schwierige an der heutigen Jugend ist, dass wir Erwachsenen nicht mehr dazugehören' (Quelle unbekannt).

Prof. Karl-Heinz Eser, geb. 1948, Diplom-Psychologe, 1997-2013 Gesamtleiter des Förderungswerkes St. Nikolaus und Leiter des Berufsbildungswerkes Dürrlauingen, Mitglied des Vorstandes der BAG BBW und des Geschäftsführenden Vorstandes der 'Deutschen Vereinigung für Rehabilitation' (DVfR).

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