Justice for the Enemy?

In der britischen Besatzungszone wurden von 1945 bis 1949 insgesamt 329 Militärgerichtsprozesse durchgeführt. In diesen Verfahren nahmen neben deutschen Anwälten auch 46 britische Offiziere ein Mandat als Pflichtverteidiger wahr. Das Aufeinandertreffen von deutschen Angeklagten, britischen Verteidigern, Anklägern und Richtern schuf vor Gericht eine spannungsreiche und spezifische Form der transnationalen Begegnung. Im Zentrum der Studie steht die heute weithin vergessene Rolle der britischen Offiziere, die mutmaßliche deutsche Kriegsverbrecher vertraten und das öffentliche Bild ihrer Mandanten maßgeblich prägten. Die verhandelten Verbrechenskomplexe und die Angeklagten werden anhand von bislang kaum erforschten Quellen ebenso differenziert beleuchtet wie der Verlauf und die Urteile der insgesamt 34 Prozesse. Zusätzlich eröffnen Ansätze der Transitional-Justice-Forschung einen Zugang zu den analysierten Militärgerichtsverfahren - ihren Hintergründen, Protagonisten und, nicht zuletzt, Folgewirkungen.