Kindliche Verhaltensstörungen - Definition, Diagnose und gesellschaftliche Implikationen

Studienarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Pädagogik - Pädagogische Psychologie, Note: keine, Hochschule Fresenius Idstein, Veranstaltung: Pädagogik, Sprache: Deutsch, Abstract: Als Fachterminus für bestimmte Störungsbilder bei Kindern, Jugendlichen und He-ranwachsenden kennt man den Begriff der Verhaltensstörung erst seit 1950, als er auf einem Kongress für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Paris in das Fachvokabular eingeführt wurde (vgl. Hillenbrand 2006, 31). Auch wenn man angesichts mancher Medienberichte und politischer Fensterreden zu der irrigen Auffassung gelangen könnte, Verhaltensstörungen seien erst in die Welt gekommen, als der Fernseher und die Computerspielkonsole das Kinderzimmer eroberten, kennt man das Phänomen, die typischen Erscheinungsbilder dessen, was auch de Laien als 'Verhaltensstörung' geläufig ist, schon lange. Heinrich Hoffmann, ein Frankfurter Psychiater, hat schon 1845 die entsprechenden Störungsbilder beschrieben: Sie alle stammen, ebenso wie der 'böse Friedrich', der 'Daumenlutscher', 'das Paulinchen mit den Streichhölzern' und weitere bekannte Charaktere aus dem berühmten Kinderbuch 'Der Struwwelpeter' (Abbildungen aus: Hoffmann 2002). Der Autor, Heinrich Hoffmann, kannte diese Störungsbilder aus seiner eigenen psychiatrischen Praxis. Den 'Struwwelpeter' hat er nicht als Fachliteratur verfasst, sondern als Weihnachtsgeschenk für seinen eigenen Sohn - vor mehr als 160 Jahren. Versucht man zu definieren, was 'Verhaltensstörungen' sind, so nähert man sich diesem komplexen Begriff vernünftiger Weise, indem man zunächst die Frage stellt, was 'Verhalten' bedeutet: Dorschs Psychologisches Wörterbuch, gibt die Auskunft, es handele sich um die physische Aktivität eines Organismus, die beobachtbar und somit grundsätzlich objektiv messbar sei. Zu dieser Aktivität zähle man willkürliche und unwillkürliche Muskelbewegungen sowie Sprach- und Lautäußerungen. Eine bis dahin beruhigende Antwort, die jedoch alsbald einen neue Richtung einschlägt und den Leser mit der Unschärfe des Begriffs konfrontiert, denn es folgt der Hinweis, dass 'Verhalten' - im Sinne des Behaviorismus - auch ein Spiegel der innerpsychischen Vorgänge sei, weshalb auch innere Erlebnisprozesse, das Denken und Wollen zum Verhalten zu rechnen seien (vgl. Ries 1994, 846). Dass der Begriff der 'Verhaltensstörung' von einer Vielzahl definitorischer Fallstricke umgeben ist, über die zu straucheln man fortwährend Gefahr läuft, merkt man vollends, wenn man nunmehr zu bestimmen versucht, was den Unterschied von 'nicht gestörtem Verhalten' bzw. 'normalem' und 'gestörtem Verhalten' ausmacht.

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