Konstruktionen europäischer Identität

Gerade in Krisenzeiten der europäischen Integration stellt sich die Frage nach den Gemeinsamkeiten der Europäer, nach dem was die Gemeinschaft charakterisiert, zusammenhält und von anderen unterscheidet. Bis heute gibt es jedoch keine eindeutige Definition dessen, was 'europäisch sein' eigentlich heißt. Auch wenn der Begriff häufig an die Lage auf einem europäischen Kontinent geknüpft wird, so ist die geografische Raumdefinition von Europa doch höchst uneindeutig. Die Autorin zeichnet die unterschiedlichen Konstruktionen einer europäischen Identität im deutschen Diskurs über einen möglichen Beitritt der Türkei ab den ersten türkischen Assoziationsbemühungen Ende der 1950er-Jahre nach. Sie zeigt, dass sich die Vorstellungen der Gemeinschaft und die ihr zugehörige Raumkonstruktion von 1959 bis 2004 stark verändert und ausdifferenziert haben. Neben der eher abstrakten Deutung der EU als einer politischen und wirtschaftlichen Gemeinschaft, beinhaltet ihre Definition in den jüngeren Untersuchungsjahren auch die einer Wertegemeinschaft und einer Person. Die zunehmende Personifizierung und der verstärkte Bezug auf eine Wertegemeinschaft werden als Ausdruck einer intensivierten Selbstverständigungsdebatte interpretiert.

Julia Lönnendonker, Dr., geb. 1977, ist Forschungskoordinatorin am Institut für Journalistik der TU Dortmund. Sie hat Journalismus am Emerson College in Boston und Geographie an den Universitäten in Bonn und Aachen studiert. Ihre Forschungsschwerpunkte sind (international vergleichende) Journalismusforschung, Journalismuskulturen, Auslandskorrespondenz, EU-Berichterstattung und europäische Öffentlichkeit und Identität.