Krisis und Kairos. Rilkes Sprachscheu und ihre produktive Wendung

Magisterarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Germanistisches Seminar), Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit untersucht die Inversionsstruktur literarischer Sprachkritik in zwei Teilen: einer problemgeschichtlichen Grundlegung und einer Untersuchung der Sprachscheu und ihrer produktiven Wendung in der Werkgeschichte Rainer Maria Rilkes. Der problemgeschichtliche Teil fasst das Dilemma der Sprachkrise als ontologische Differenz zwischen Denken und Sein bzw. Fühlen und Sein und als poetologische Differenz zwischen Sagen und Sein. Als Modelle einer philosophischen Vermittlung dieser Differenzen werden Dialektik und Identitätsphilosophie, ontotheologische Vermittlungsmodelle wie der Wahrheitsessentialismus und die Lichtmetaphysik sowie - als ästhetisches Vermittlungsmodell - die Vermittlungsleistung des poetischen Bildes vor Augen geführt. Letztere zerfällt in die Kategorien einer auf das Sein bezogenen Transparenzsymbolik und einer selbstreferentiell-opaken Zeichensymbolik. Als Konkretionen einer Problemgeschichte der ontologischen und poetologischen Differenz werden Novalis 'Monolog', Nietzsches 'Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn', Ernst Machs 'Analyse der Empfindungen' und Hofmannsthals Chandos-Brief beleuchtet. Der zweite Teil der Arbeit untersucht Rilkes 'Archaischen Torso Apollos', seine 'Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge' sowie die Anfänge der 'Duineser Elegien' unter dem Aspekt der Sprachkrise und ihrer Wendung in eine Kairologie, eine Sprache des Kairos. Die Krise der 'Duineser Elegien' und ihre Vollendung werden entstehungsgeschichtlich genau rekonstruiert und interpretatorisch ausgewertet. Es folgt eine Gesamtanalyse der Sprache der 'Duineser Elegien'. Die Dialektik zwischen Sprachscheu und Sprachenthusiasmus, Krisis und Kairos, wird in der elegischen Dialektik von Klage und Rühmung verankert.

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