Langsame Heimkehr

Seit Jahren war Valentin Sorger entfernt von allem, was sich unter dem Begriff ?Heimat? oder ?Familie? verstehen läßt. In seiner Daseinslust, im Bewußtsein seiner Stärke hatte er Bindungen und Beziehungen aufgegeben; Gefühle für Zurückgelassenes hatte er überlebt; er empfand keine Sehnsucht mehr; er war nicht einmal mehr imstande gewesen, den Gedanken an sein Kind zu Ende zu denken. Nun, in der Erkenntnis solchen Entferntseins, solcher Verlassenheit, bereitet sich die Heimkehr vor. Der Weg ist lang. Er führt von Alaska - Sorger arbeitet hier am Rande einer Indianer- siedlung mit seinem Kollegen Lauffer als Geologe - zunächst an die Westküste, dann an die Ostküste der USA, wo er einen Freund aus seinem Herkunftsland besuchen will; und er führt schließlich in die Stadt der Städte, in der Sorger ein Gesetz für sein Handeln (und das anderer) formulieren kann, das seine Heimkehr nach Europa notwendig und möglich zugleich macht: »Das ist ein gesetzgebender Augenblick: mich lossprechend von meiner Schuld, der selbstverantworteten und auch der nachgefühlten, verpflichtet er mich, den einzelnen immer nur zufällig Teilnahmsfähigen, zu einer so stetig wie möglich geübten Einmischung. Es ist zugleich mein geschichtlicher Augenblick: ich lerne (ja, ich kann noch lernen), daß die Geschichte nicht bloß eine Aufeinanderfolge von Übeln ist, die einer wie ich nur ohnmächtig schmähen kann - sondern auch, seit jeher, eine von jedermann (auch von mir) fortsetzbare, friedensstiftende Form.«



<p>Peter Handke wird am 6. Dezember 1942 in Griffen (K&auml;rnten) geboren. Die Familie m&uuml;tterlicherseits geh&ouml;rt zur slowenischen Minderheit in &Ouml;sterreich; der Vater, ein Deutscher, war in Folge des Zweiten Weltkriegs nach K&auml;rnten gekommen. Zwischen 1954 und 1959 besucht Handke das Gymnasium in Tanzenberg (K&auml;rnten) und das dazugeh&ouml;rige Internat. Nach dem Abitur im Jahr 1961 studiert er in Graz Jura. Im M&auml;rz 1966, Peter Handke hat sein Studium vor der letzten und abschlie&szlig;enden Pr&uuml;fung abgebrochen, erscheint sein erster Roman <em>Die Hornissen</em>. Im selben Jahr 1966 erfolgt die Inszenierung seines inzwischen legend&auml;ren Theaterst&uuml;cks <em>Publikumsbeschimpfung </em>in Frankfurt am Main in der Regie von Claus Peymann.</p> <p>Seitdem hat er mehr als drei&szlig;ig Erz&auml;hlungen und Prosawerke verfasst, erinnert sei an: <em>Die Angst des Tormanns beim Elfmeter </em>(1970), <em>Wunschloses Ungl&uuml;ck</em> (1972), <em>Der kurze Brief zum langen Abschied </em>(1972), <em>Die linksh&auml;ndige Frau </em>(1976), <em>Das Gewicht der Welt</em> (1977), <em>Langsame Heimkehr </em>(1979), <em>Die Lehre der Sainte-Victoire </em>(1980), <em>Der Chinese des Schmerzes </em>(1983),<em> Die Wiederholung </em>(1986), <em>Versuch &uuml;ber die M&uuml;digkeit</em> (1989), <em>Versuch &uuml;ber die Jukebox</em> (1990), <em>Versuch &uuml;ber den gegl&uuml;ckten Tag</em> (1991), <em>Mein Jahr in der Niemandsbucht </em>(1994), <em>Der Bildverlust </em>(2002), <em>Die Morawische Nacht</em> (2008), <em>Der Gro&szlig;e Fall</em> (2011), <em>Versuch &uuml;ber den Stillen Ort</em> (2012), <em>Versuch &uuml;ber den Pilznarren</em> (2013). </p> <p>Auf die <em>Publikumsbeschimpfung </em>1966 folgt 1968, ebenfalls in Frankfurt am Main uraufgef&uuml;hrt, <em>Kaspar. V</em>on hier spannt sich der Bogen weiter &uuml;ber <em>Der Ritt &uuml;ber den Bodensee </em>1971), <em>Die Unvern&uuml;nftigen sterben aus </em>(1974), <em>&Uuml;ber die D&ouml;rfer</em> (1981), <em>Das</em> <em>Spiel vom Fragen oder Die Reise zum sonoren Land </em>(1990), <em>Die Stunde da wir nichts voneinander wu&szlig;ten</em> (1992), &uuml;ber den <em>Untertagblues </em>(2004) und <em>Bis da&szlig; der Tag euch scheidet </em>(2009) &uuml;ber das dramatische Epos <em>Immer noch Sturm</em> (2011) bis zum Sommerdialog <em>Die sch&ouml;nen Tage von</em> <em>Aranjuez </em>(2012) zu <em>Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rand der Landstra&szlig;e</em> (...

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