Lebenslänglich

Die Mutter stirbt. Auf deren Beerdigung trifft Paula noch einmal den Vergewaltiger aus ihrer Kindheit. Erneut ist sie mit ihm und den Langzeitfolgen seiner Taten und auch deren Auswirkungen auf die Herkunftsfamilie konfrontiert. Paula ändert ihren Namen, nennt sich nun Ana, sammelt all ihre Erinnerungen an das Verbrechen und schreibt diese nieder. Gleichzeitig forscht sie im Stadtarchiv des Tatortes nach den Verstrickungen ihrer Heimatstadt in den Nationalsozialismus. Auch hierüber wird nicht geredet. Dennoch findet sie Namen von Verbrechen, von Geschädigten, von Widerständigen und auch von Mittuenden. Sie alle sind in einem undifferenzierten Schweigen miteinander verbunden. Durch ihre persönlichen und archivarischen Erinnerungen an vergessene Opfer des Nationalsozialismus eignet sie sich erneut ihre Heimat an, die sie einst durch das Verbrechen des Täters und ihre Flucht verloren hatte. Ebenso stellt sie seine Taten durch die Anwendung des herrschenden Sexualstrafrechts vor ihr persönliches Gericht und spricht ihr eigenes Urteil. Diese Großerzählung mit realem Hintergrund handelt von Opfern, von Tätern, von Sprechen und Schweigen, von Verdrängen und Erinnern, von Lügen und Wahrheit, von Anklagen und auch von den Bedingungen möglicher Vergebung. Die Autorin verschränkt hier in der Problematik des Schweigens sexualisierte Gewalt gegen Kinder mit einem allgemein gesellschaftlich vorhandenen Schweigen. Mit großer Differenziertheit wird hier über unterschiedliche Verbrechen verschiedener Menschen berichtet, über deren Verfehlungen, Schädigungen und auch den Versuchen, das Beste aus allem zu machen, auch aus den Folgen des Bösen. Das Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit für Opfer und Täter ist Zentrum dieses hochaktuellen Buches.

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