Vergleich der Praxis der Interpretation samt deren Geltungsansprüchen in der Rechtswissenschaft und in der Literaturwissenschaft. Die Rechtswissenschaft wie auch die Literaturwissenschaft sind Interpretationswissenschaften. Die Rechtswissenschaft (jedenfalls in ihrem rechtsdogmatischen Zweig) interpretiert Gesetzestexte im Blick auf ihre Anwendung in Entscheidungssituationen. Die Literaturwissenschaft sucht Sinn und Form literarischer Texte zu verstehen. In beiden Disziplinen herrscht über die Interpretationsmethode, teilweise auch über das Interpretationsziel, keine Einigkeit. In den Mittelpunkt des Bandes rücken Handlungen des Verstehens, Reflexionen über den Charakter dieser Handlungen und die Geltung, die deren Resultate beanspruchen dürfen. Es geht um die Lektürepraxis in den beiden Wissenschaften. Deren Vergleich gibt Einsichten über Gemeinsames und Trennendes, ein klareres Bewusstsein der jeweiligen Eigentümlichkeiten und im besten Fall eine Bereicherung des je eigenen methodologischen Arsenals.

Dieter Grimm, geb. 1937, Professor em. für Öffentliches Recht an der Humboldt-Universität zu Berlin; von 2012-2017 außerdem Professor an der Yale Law School; Permanent Fellow und vormaliger Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin; Bundesverfassungsrichter a.D.; Mitglied mehrerer in- und ausländischer Akademien. Christoph König, geb. 1956, Professor für deutsche Literatur an der Universität Osnabrück, 2008/9 Fellow im Wissenschaftskolleg zu Berlin, 2011/12 Fellow im Forscherkolleg 'Fate, Freedom and Prognostication' der Universität Erlangen-Nürnberg, 2019 Professeur invité an der École normale supérieure, Paris. Mitglied des internationalen PEN.