Lyriktradition: 'Der Droste würde ich gerne Wasser reichen' von Sarah Kirsch

Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Philosophie und Geisteswissenschaften), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Ich möchte meine Leser nicht völlig festlegen. Sie müssen nicht dasselbe empfinden, was ich empfunden habe. Es sind nur kleine Anstöße, und jeder kann sich in den Zeilen noch bewegen - und mehr will ich eigentlich gar nicht, als daß jemand sagt: so ähnlich ist es mir auch schon mal gegangen, das habe ich auch schon mal gedacht. So eine kleine Solidarisierung zwischen dem Schreibenden und dem Leser.' 'So eine kleine Solidarisierung' mit der Droste - Hülshoff wird in dem Gedicht Der Droste würde ich gerne Wasser reichen artikuliert. Kirsch gestaltet eine fiktive Begegnung zwischen lyrischem Ich und der Dichterin Annette von Droste - Hülshoff, die von 1797 bis 1848 lebte. Kirsch geht von ihrer individuellen Erfahrung als Leser der Droste - Werke, die sie als 'Geschenk des Himmels' bezeichnet, aus und wird zum 'Schreibenden'. Die Übergänge scheinen sich fließend zu vollziehen und werden gleichzeitig Thema ihres Textes. Durch die Vielschichtigkeit, die dieses Gedicht bietet, wird kein Anspruch auf eine 'richtige' Interpretation erhoben. Wie Kirsch selbst betont, möchte sie den Leser nicht festlegen. In diesem Sinne soll in dieser Arbeit vielmehr versucht werden, die Fülle von Interpretationsansätzen und Ideen in verschiedene Lesarten zu ordnen. Die Lesarten bedingen und überschneiden sich an vielen Stellen, aus der Tatsache resultierend, daß ein Text Gegenstand ist, indem über eine verstorbene Dichterin (die hier auch Freundin und Partnerin ist), über das 'Handwerk' Dichten allgemein und für eine Freundin (Helga Novak, die auch wieder dichtende Kollegin ist) gedichtet wird. So ergibt sich die Lesart eines Porträtgedichtes, die poetologische Lesart und die private Lesart. Unterschwellig spielt auch die politische Lesart eine Rolle. Das Gedicht entstand in Kirschs Lebensphase in Ost - Berlin. Auch der Droste billigt sie ihre Grenzen: 'Der Droste Behinderungen müssen ertragen werden, aber hätte nur eine davon gefehlt angenommen die Krankheit wäre es vielleicht möglich gewesen dem Gefängnis der eigenen Klasse zu entfliehen durch die ideologische Schranke davor'. In wie weit Kirsch sich eingegrenzt fühlt, wird aus diesem Gedicht nicht ersichtlich. Auf politischer Ebene wird eher das Problem des Geschlechts und der Berufsgattung angesprochen und wird somit von der poetologischen Lesart aufgegriffen.

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