Märchen aus dem Land der Mitternachtssonne

Erstmals erscheint eine Auswahl an Märchen von Regine Normann in deutscher Übersetzung. Vor fast 100 Jahren in Norwegen veröffentlicht, haben diese Kunstmärchen bis heute nichts von ihrer Wirkung eingebüßt und bringen Kinderaugen immer noch zum Glänzen. Hier bestehen Mädchen und Jungen gleichermaßen besondere Abenteuer: Ein Mädchen kämpft auf dem Meeresgrund, um den verwunschenen Prinzen zu erlösen. Ein junger Matrose muss sich gegen einen hinterhältigen Kapitän zur Wehr setzen. Eine Prinzessin bahnt sich mutig den Weg durch die Unterwelt bis zum Herzen der Erde ... Wie es sich für Märchen gehört, tauchen im richtigen Augenblick sprechende Tiere und andere Wesen aus der Zwischenwelt auf, um den kleinen Heldinnen und Helden beizustehen. Mal ist es ein Ziegenbock, mal ein Eissturmvogel, dann wieder ein wohlwollender Wichtel oder ein Hausgeist, der im Kampf gegen Räuber und Trolle zu Hilfe eilt. Die Kulisse für diese fabelhaften Geschichten bildet die typische Landschaft Nordnorwegens: karge Küstenstreifen mit vorgelagerten Inselchen sowie tiefe Fjorde mit steil aus dem Wasser aufragenden Bergen.

Regine Normann (1867-1939) wuchs auf den Vesterålen auf und war die erste Frau aus Nordnorwegen, die als Schriftstellerin in ganz Norwegen Erfolge feierte. Mit Ende zwanzig brach sie aus ihrer unglücklichen Ehe mit einem 21 Jahre älteren Mann aus und zog nach Oslo (das damals noch Kristiania hieß). Dort arbeitete sie neben ihrer Schriftstellerei bis zu ihrer Pensionierung als Lehrerin. Sie erzählte ihren Schülern regelmäßig selbst erdachte Märchen und feilte auf diese Weise über viele Jahre und Jahrzehnte daran, bevor sie ihre Kunstmärchen 1925 und 1926 in zwei Bänden veröffentlichte. Regine Normann schrieb darüber hinaus sowohl zeitgenössische als auch historische Romane, außerdem Novellen, Kurzgeschichten und Sagen sowie ein Kinderbuch. Viele ihrer Bücher spielen auf den Vesterålen und setzen sich kritisch mit der Stellung der Frau in der damaligen Gesellschaft auseinander. Ihre beiden Märchenbücher sind in Norwegen bis heute mehrfach neu aufgelegt worden. Normanns Biografin, die Historikerin und Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Liv Helene Willumsen, bezeichnet Regine Normann als Norwegens H. C. Andersen. In den literarischen Kreisen Oslos war Regine Normann gut vernetzt und engagierte sich fast 20 Jahre lang als Vorstandsmitglied im norwegischen Schriftstellerverband. Sie pflegte mit vielen Schriftstellerinnen eine enge Freundschaft, unter anderem mit der Literaturnobelpreisträgerin Sigrid Undset. 1937 erhielt Regine Normann die königliche Verdienstmedaille.

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