Magische Realität als Mimesis und Epiphanie. Eine Studie zum Stil von zeitgenössischen Romanen und Filmen

Dieses Buch untersucht den Magischen Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen, der als einer der beliebtesten Stile in der Gegenwartskultur gilt. Der Magische Realismus ist ein Stil, der unmögliche Ereignisse in der Realität präsentiert. Der Rezipient akzeptiert diese als natürlich und gewinnt mit ihrer Hilfe Einsicht in die innere Realität der Figuren und Umstände. Der Begriff ¿Magischer Realismus¿ wurde erstmals 1923 von dem Kunsthistoriker Franz Roh als kritisches Konzept für die post-expressionistische Malerei verwendet und fand in den 1950er- bis 1980er-Jahren in der lateinamerikanischen Literatur großen Anklang. Seit den 1980er-Jahren gilt er als universeller Erzählstil. Im Kino begegnet man ihm seit 2000 häufig in verschiedenen Filmen. Der Magische Realismus zeigt sich, indem er in verschiedenen Medien verwirklicht wird. Die (Inter-)Medialität des Stils wird in dieser Hinsicht betrachtet. Als eine Darstellungs- und Erzählungsweise weist der Magische Realismus spezifische Eigenschaften auf: Installation und Subversion des Realismus, direkte Umsetzung und Präsentation von Metaphern, Herstellung der fremden Realität und Mimesis der inneren Realität. Um die geistige Grundlage des Magischen Realismus zu betrachten, wird die philosophische Theorie von Mircea Eliade herangezogen. Der Vorgang der Hierophanie und die Art und Weise der archaischen Ontologie entsprechen dem Vorgang und der Art und Weise des Magischen Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen. Die Untersuchung basiert auf fünf Romanen (Peter Handke: Kali. Eine Vorwintergeschichte, Haruki Murakami: Kafka am Strand, Urs Widmer: Im Kongo, Arundhati Roy: The God of Small Things, Mircea Cartarescu: Die Wissenden) und acht Filmen (Roberto Benigni: La tigre e la neve, Claire Denis: Vendredi Soir, Ki-duk Kim: Bin-jip, Joon-ho Bong: Gwoemul, Pen-Ek Ratanaruang: Last Life in the Universe, Christian Petzold: Die innere Sicherheit, Isshin Inudô: Joze to tora to sakana tachi, François Ozon: Le temps qui reste). Das Magisch-Realistische manifestiert sich in Form von Figuren, Räumen, Dingen und äußeren Umständen. Es zeigt die Emotionen der Figuren auf, fungiert als Methode der psychologischen Reifung der Hauptfigur und stellt die utopische Möglichkeit vor. Dies macht den Höhepunkt oder die Peripetie des Erzählens aus, enthüllt die innere Realität und ermöglicht die Wunscherfüllung und Heilung. Der Magische Realismus in zeitgenössischen Romanen und Filmen kann als ¿Mimesis des Herzens¿ und ¿Momente der Epiphanie¿ verstanden werden. Die vier Aspekte ¿ Blick, Raum, Zeit und Ritual ¿ erleuchten die Merkmale des zeitgenössischen Magischen Realismus. Die Erlebnisse der Magischen Realität erfüllen das Bedürfnis danach, ¿die ewige, zeitlose Gegenwart¿ im Sinne von Eliade zu erleben. Darüber hinaus hilft die gegenwärtige hypertextuelle und hybride Medien- und Kulturumgebung dem zeitgenössischen Rezipient bei der Rezeption des Magischen Realismus.