Die Mehrdeutigkeit antiker Bilder spielt eine wichtige Rolle in der archäologischen Forschung. Bislang allerdings manifestierte sie sich vor allem als eine unwägbare Herausforderung bei der historischen Kontextualisierung der Artefakte und Denkmäler. Dies will der interdisziplinäre Band, der aus einer Tagung an der Freien Universität Berlin hervorgegangen ist, ändern: In neun Beiträgen werden die Mehrdeutigkeiten antiker Bilder vom Alten Ägypten über das archaische und klassische Griechenland bis in die römische Kaiserzeit diskutiert. Neue Perspektiven bieten dabei zwei theoretische Modelle: Rahmentheorien und Affordanzkonzepte. Rahmentheorien beschreiben die Strukturierung menschlichen Wissens und die Abhängigkeit der Bilddeutung von den Erfahrungen und Erwartungen der Rezipient*innen. Affordanzen sind Eigenschaften von Objekten, die bestimmte Gebrauchsweisen nahelegen. Auf Bilder übertragen wird darunter deren Potenzial beschrieben, unterschiedliche Deutungen im Rezeptionsprozess anzubieten, und zwar abhängig von den 'Rahmen' der Betrachter*innen und dem jeweiligen Rezeptions- bzw. Gebrauchskontext. Da Bilder gerade auch für die modernen digitalen Kommunikationsformen von größter Bedeutung sind, trägt die Auseinandersetzung mit dem Phänomen der Mehrdeutigkeit dazu bei, den Umgang von Menschen mit Bildern ebenso wie die Beeinflussung von Menschen durch Bilder besser zu verstehen.