Mein Ausreiseantrag

Eigentlich sollte der Text »Ein politisierter Osterstrauß« nur ein Blogpost für »Glitzerwasser« und die »Achse des Guten« werden und in der Hauptsache, wie das bei Texten dieser Art üblich ist, Tagesaktuelles besprechen, mit Rückgriffen auf die zur Herleitung notwendigen Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Vergangenheit. Doch dann kam es anders. Zu viele Fragen, zu viele Aspekte konnten nicht in der Form eines Blogpost erzählt werden, es wurde eine Serie daraus, die wiederum als Vorlage für dieses Buch diente. Quentin Quencher taucht ein in seine Kindheitserinnerungen, im Buch als Prologe der eigentlichen Geschichte seines Ausreiseantrages in der DDR vorangestellt. Schon hier wird klar, er konnte nur diesen Weg gehen. Irgendwas, wohl ein besonderes Verlangen nach Freiheit, war ihm in die Wiege gelegt, er konnte nicht anders als diesem Verlangen nachgeben, dabei immer seine Mitmenschen kritisch beäugend, ob denen nicht das sich einrichten im Mitläufertum oder im Opportunismus, was gerade in totalitären Gesellschaften besonders ausgeprägt ist, viel wichtiger als der Wunsch nach Freiheit ist. Die Geschichte ist auch eine Momentaufnahme eines vergangenen Staates, einer vergangenen Gesellschaft, zu Beginn der achtziger Jahre, zu einer Zeit in der sich die politischen Blöcke, Ost wie West, verfestigt hatten und kaum jemand erwartete, dass sich dies in absehbarer Zeit ändert. Die Menschen richteten sich in ihrer Welt ein, in der die sie kannten und erlebten, nur wenige halten das nicht aus, der Ruf der Freiheit ist stärker. Doch gerade diese, oft als Dissidenten unzureichend beschriebenen Personen, wirken dann wie ein Massenkristall, das aber wächst und wächst, um später zu einer richtigen Massenbewegung zu werden.

Quentin Quencher beschreibt sich auf seiner Homepage als »Blogger, Autor und Freigeist«. Nur, Menschen sind nicht nur einfach so, wie sie sind, sie wurden gemacht von ihrer Umwelt, den Lebensumständen, ihrer Herkunft und wohl auch von irgendwas, das bereits von Geburt angelegt ist. Jeder, der ein wenig zur Selbstreflexion neigt, so wie Quentin Quencher, wird versuchen, diese Wirkmechanismen zu erkennen. Deshalb nur ein paar Worte über ihn und die Welt, in der er gemacht wurde: geboren 1960, wuchs er in der ehemaligen DDR auf, dort machte er sich 1983 davon. Es fiel ihm nicht schwer, er fühlte sich nie dazugehörig dort. Auch der Westen oder das wiedervereinigte Deutschland wurde ihm nie ein Zuhause. Immer bleibt sein Blick der eines Außenstehenden. Hier wie dort. Heute wie damals. Gegen dieses »gemacht werden«, von dem hier die Rede ist, wehrte er sich schon immer und muss auch heute noch wissen, wer oder was ihn manipulieren will. Viele seiner Kommentare zu Politik und Kultur, die regelmäßig in den Blogs »Glitzerwasser« und auf der »Achse des Guten« erscheinen, handeln davon. Sachsen, das württembergische Schwaben sowie die philippinischen Visayas wurden die hauptsächlichen geografischen Stationen seines Lebens, und an jedem Platz färbte etwas von Land und Leute auf ihn ab. So ist er ein Vagabund zwischen den Welten geworden, immer das infrage stellend, was als Selbstverständlichkeiten in Gesellschaften angenommen wird. Nach mehrjährigen Aufenthalten in Asien lebt Quentin Quencher heute mit seiner Familie in Baden-Württemberg. Nun temporär sesshaft, wahrscheinlich oder wenigstens so lange, bis seine Kinder alle groß sind.

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