Messias - Endkaiser - Antichrist

Im frühen Mittelalter erfuhren die jüdischen und christlichen apokalyptischen Literaturen nach Jahrhunderten weitgehender Stagnation einen sprunghaften Zuwachs. Die neuen, meist in hebräischer und syrischer Sprache verfassten Texte entstammten fast ausnahmslos dem Nahen Osten, der im Laufe des 7. Jahrhunderts von den muslimischen Arabern erobert worden war. Die lebhaften Endzeiterwartungen, die in diesen Texten zum Ausdruck kommen, legen ein beredtes Zeugnis davon ab, dass zahlreiche Zeitgenossen die politischen Umbrüche als tiefe Krise erlebten. Die hier erstmals vorgenommene vergleichende Analyse des Materials dieser Textcorpora enthüllt nicht nur eine Fülle von Gemeinsamkeiten, die von einem lebhaften Austausch zwischen jüdischen und christlichen Gemeinden zeugen, sondern sie zeigt auch, dass der historische Ursprungskontext der in ihnen dokumentierten apokalyptischen Diskurse in den letzten Jahrzehnten vor der arabischen Eroberung zu suchen ist, während des letzten großen Krieges zwischen dem oströmischen, byzantinischen und dem sasanidischen Perserreich (602-628). Sowohl Juden als auch (nicht-chalcedonensische) Christen, so wird deutlich, bedienten sich apokalyptisch-narrativer Deutungen der zeitgenössischen Ereignisse zur Artikulation ihrer Ablehnung byzantinischer Machtansprüche. Die Arbeit leistet damit nicht zuletzt einen wichtigen Beitrag zur Beurteilung des religiös-politischen Klimas in der weiteren Umwelt des entstehenden Islams.

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