Messias und Hohepriester: Jesus im Hebräerbrief

Die kultische Interpretation Jesu als Hohepriester, der im himmlischen Heiligtum 'ein für allemal' Versöhnung erwirkte, ist im Neuen Testament singulär. Mit ihr antwortet der Autor des Hebräerbriefes auf das Problem, dass die Zerstörung des Tempels in Jerusalem das Begehen des biblisch-jüdisch zentralen Versöhnungstages unmöglich machte. Angesichts dessen will er einen besseren, weil nicht zerstörbaren Ersatz bieten. Er und seine Adressatenschaft, eine jüdische messiasgläubige Gemeinschaft, haben ihren möglichen Ort in der jüdischen Gemeinde von Alexandria. Der andere Weg, den das rabbinische Judentum im Blick auf den Versöhnungstag ohne Tempel genommen hat, wird durch eingeschobene Texte kenntlich gemacht. Der gelegentliche Blick auf Philon aus Alexandria zeigt, dass dessen geistige Welt eine andere ist als die des Hebräerbriefes. Dem Buch geht es nicht primär um eine historische Hypothese; sie soll dem Verstehen dienen. So wird immer wieder versucht, Textpassagen dieser Schrift verstehend zu folgen.

Klaus Wengst war von 1981-2007 Professor für Neues Testament, zuletzt auch für Judentumskunde, an der Evang.-Theol. Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Nach Anfängen in der überlieferten historisch-kritischen Methode hat er die sozialgeschichtliche Fragestellung aufgenommen. Das christlich-jüdische Gespräch hat er mit zahlreichen Veröffentlichungen bereichert, die das Verhältnis der neutestamentlichen Schriften zum Judentum untersuchen.

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