Montesquieus politischer Freiheitsbegriff

Studienarbeit aus dem Jahr 2004 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Note: 1,0, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Seminar für Wissenschaftliche Politik), Sprache: Deutsch, Abstract: Nur wenige Texte des 'Jahrhunderts der Aufklärung' haben das politische Bewusstsein der Nachgeborenen so wirkungsmächtig und anhaltend geprägt wie das Kapitel De la Constitution d'Angleterre aus Montesquieus staatsphilosophischem Hauptwerk De l'Esprit des lois. Während die dort entworfene Kombination von Mischverfassung und Machtverteilung ihrem Autor schon recht bald zu unsterblichem Ruhm verhalf, entdeckte erst die Forschung der letzten vier Jahrzehnte in ihm wieder jenen 'Combattant de la liberté' (Goyard-Fabre), als der er sich selbst zeitlebens verstand.1 Es gibt wohl kaum ein Wort, dem man mehr unterschiedliche Bedeutungen gegeben hätte als dem Wort Freiheit, schreibt Montesquieu im XI. Buch seines De l'Esprit des lois. So erblickten einige in ihr etwa die Leichtigkeit, mit der sie jemand, dem sie eine tyrannische Macht verliehen hatten, wieder absetzen konnten. Andere betrachteten sie dagegen als die Befugnis, denjenigen auszuwählen, dem sie gehorchen mussten. Wieder andere hielten sie für das Recht, Waffen zu tragen und Gewalttaten begehen zu können. Manche verstanden darunter das Recht, sich nur von einem Mann aus ihrer Nation und nach ihren Gesetzen regieren zu lassen. Ein gewisses Volk - gemeint sind wohl die Russen unter Zar Peter I. - habe wiederum lange angenommen, der Brauch, einen langen Bart tragen zu dürfen, sei die Freiheit. Und schließlich hat ein jeder die seinen Gewohnheiten oder Neigungen entsprechende Regierung Freiheit geheißen.2 In deutlicher Abgrenzung zu dieser Vielfalt formulierte der Franzose erstmals einen genuin politischen Freiheitsbegriff, den es auf den folgenden Seiten zunächst vorzustellen [Teil I] und anschließend zu kontextualisieren [Teil II] gilt. [...] 1 Vgl. FETSCHER, Iring : Politisches Denken im Frankreich des 18. Jahrhunderts vor der Revolution, in: DERS. / Herfried MÜNKLER (Hg.), Pipers Handbuch der politischen Ideen, Bd. III : Von den Konfessionskriegen bis zur Aufklärung, München 1985, S. 441, und GOYARD-FABRE, Simone : Montesquieu. La nature, les lois, la liberté, Paris 1993, S. 148. 2 MONTESQUIEU, Charles de : Vom Geist der Gesetze (EL XI 2). Auswahl, Übersetzung und Einleitung von Kurt WEIGAND, Stuttgart 1994, S. 213f.