Nachdenken über die Menschenwürde

Angesichts zahlreicher gegenwärtiger Versuche, die Menschenwürde im Rahmen einer bloß anthropologischen Begriffsauffassung im Abwägungssinne zu relativieren, gilt es, einer inhaltlichen Engführung durch Besinnung auf eine umfassendere metaphysische Tradition entgegenzuwirken: Im Ausgang vom christlichen Verständnis der Gottesebenbildlichkeit des Menschen lässt sich seine Würde als ein unverlierbares Gut deuten, dessen absoluter Wert in der Natur des Menschen als Freiheitswesen gründet. Diese in der neuzeitlichen Naturrechtslehre entfaltete Konzeption bildet auch den geistigen Hintergrund für die kantische Lehre von der Würde der Person: Die sittliche »Achtung« dieser Würde konstituiert sie nicht, sondern stellt den menschlichen Modus der Anerkennung eines absoluten Wertes dar. Hierin liegt der zumeist übersehene (von ihm selbst freilich in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten kenntlich gemachte) Rückgriff Kants auf die ihm vorausgehende Metaphysik des moralischen Seins.

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