Negative Ästhetik statt kollektiver Trauer?

Studienarbeit aus dem Jahr 2016 im Fachbereich Psychologie - Sozialpsychologie, Note: 1,0, International Psychoanalytic University, Veranstaltung: Sozialpsychologische Studien, Sprache: Deutsch, Abstract: Micha Brumlik veröffentlichte 1991 einen Text in der Zeitschrift Psychosozial, den man als Intervention in das Diskursfeld um die Wiederaufarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit verstehen kann. Dieses Feld kreist um die Frage, ob und inwiefern eine Aufarbeitung der Vergangenheit bzw. eine Trauer- und Gedenkkultur kollektiv geschehen kann und welche politischen Maßnahmen zur Umsetzung dieser zu ergreifen seien. Seit 1945 haben die Formen dieser mehrere Wendungen genommen und bis heute besteht in Deutschland ein schwieriges Verhältnis zur nationalsozialistischen Vergangenheit, wie auch zur politischen Gedenkpolitik. Ein möglicher Umgang damit findet sich in einem Gedenken, das über die bestehenden Weltbezüge der Individuen hinausweist. Ich möchte mit dieser Arbeit an Micha Brumliks Argumentation anschließen und diese genauer ausleuchten. Dabei soll auch der Geschichtsrevisionismus bzw. -Relativierung und deren 'Kritik' an der Gedenkpolitik in den Blick genommen werden. Meine Leitthese ist dabei, dass die bestehende Identifizierung eines Großteils der deutschen Bevölkerung mit dem deutschen Kollektiv die politische Gedenkkultur als von den Siegermächten und einer politischen Elite bestimmte erscheinen lässt, was einen Revisionismus entfacht. Brumliks Vorschlag einer 'negativen Ästhetik' stellt in diesem Zusammenhang einen Versuch dar, die Gedenkkultur aus ihren Verstrickungen zu befreien. Wie außerdem zu zeigen sein wird, knüpft Brumlik damit an eine kritische Theorie der Gesellschaft an.

Klinischer Psychologe (M.A.), Schwerpunkt Tiefenpsychologie.

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