Normativität und Moralität in der (früh-)bürgerlichen Pädagogik (A.H. Francke u.a.)

Inhaltsangabe:Problemstellung: Mit dem Zug zu Rationalisierung der Wirtschaft im aufkommenden Rationalismus und Merkantilismus der Neuzeit war für Fürsten wie auch für die Handel treibenden Bürger die Notwendigkeit zur Formung eines neuen rationaler als früher arbeitenden und berechenbaren Menschen gegeben. Dem erzieherischen Denken des Pietismus nun und insbesondere dem theologischen und pädagogischen Anspruchs des Gründers der Halleschen Srtiftungen, August Hermann Francke (1663 ? 1727), kann nun keineswegs nachgesagt werden, dass es a priori bloß die erzieherische Formung und Bereitstellung von Arbeitsklientel für die neuen ökonomischen Bedürnisse der frühkapitalitischen Gesellschaft intendiert hätte, ohne gerade die metaphysische Einbindung ihrer Zöglinge in ein christliches Weltbild und ein ebensolches Lebensgefühl und Ethos zu unternehmen: Letzteres war sicherlich der mächtigste pädagogische Antrieb, den man der Gefühlsfrömmigkeit der Pietesten plausibel und aufrichtig unterstellen möchte, wenn wir Ihre Schriften heute rezipieren. Zeichnen wir nun Franckes pädagogischen Gesamtentwurf nach, so gewahren wir als durchgängige Linie seines anthropologischen Denkens, dass das menschliche Wesen ?und hier folgt den christlichen Lehrern der Tradition von Augustinus an- durch die Erbsünde von der Wurzel her so verzerrt, gestört und verdunkelt ist, dass er von alleine niemals ?gut? werden könnte und auch nicht zu einem guten und vernünftigen Handeln fähig wäre, würden ihn nicht christliche Lehre und Unterweisung leiten. Allerdings betont Francke noch deutlich mehr als z. B. die katholische Tradtion die absolute Verdorbenheit des Menschen vor der totalen Unterwerfung unter Gott (S. 24 ? 32). Und nun kann es wohl kaum übertrieben heißen zu sagen, dass diese so von Francke verstandene und mittels seines ?Bekehrungserlebnisses? auch praktizierte Unterwerfung unter Gottes Herrschaft in der erzieherischen Praxis zunächst die Unterwerfung unter die Herrschaft der sich selbst als Agenten Gottes wähnenden Pädagogen bedeuten mußte. Herrschaft insofern, dass die Organisationsweise der Franckeschen Pädagogik nachhaltig darauf ausgerichtet war, nicht nur an eine Anpassung und Einübung der Kinder unter die bestehenden Verhältnisse zu gelangen, sondern den Willen des Zöglings unter Kontrolle zu bringen, ja eigentlich ihn zu brechen, um ihn bereit werden zu lassen, sich in die christliche Schul- oder Gemeindeordnung willfährig einzufügen. Ab dem Punkt dieser [¿]

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