Nur die Rabenmutter ist eine gute Mutter. Vergleichende Analyse der Mutter-Tochter-Beziehung in Jane Campions 'Das Piano'

Studienarbeit aus dem Jahr 1996 im Fachbereich Filmwissenschaft, Note: 1-, Universität zu Köln (Institut für Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft), Veranstaltung: Verkitscht, verklärt, vergessen: Die Mutter als Filmfigur, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Beziehung zu ihrer Tochter Flora ist für die Heldin des Pianos nicht mehr als ein Nebenaspekt, der scheinbar in seiner Bedeutung weit hinter den anderen Verflechtungen der Hauptfigur, vor allem mit dem titelgebenden Piano, zurücktritt. Diese Arbeit zeigt jedoch, dass Flora dem Instrument parallele Funktionen und Entwicklungen durchläuft, die diese Figur (und damit die Mutter-Tochter-Beziehung) zu einem nicht weniger interessanten Thema machen und darüber hinaus auch reiche Ernte für den Mütter-Diskurs einfahren lassen. Die folgende Analyse baut daher auf einem Vergleich zwischen den Beziehungen Ada - Piano und Ada - Flora auf. Diese Parallelität wird anhand ihrer Umsetzung auf narrativer- und Bildebene untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einer immanenten Text- Bild- und Tonanalyse. Zunächst wird die Deutung der Be-Deutung des Pianos für Ada untersucht - als Instrument der Expression ihrer Gefühle und somit exklusivem Kommunikationsmedium zwischen ihrer (romantischen) Innenwelt und bestimmten Menschen (unter anderem auch sich selbst). Die Arbeit folgt dann den Entwicklungsstufen dieser Beziehung, ausgehend von der Eingangskonstellation, über die Vermischung der unterschiedlichen Realitätsebenen durch den 'Eindringling' in ihre Welt, Baines, und ihre gemeinsamen Gefühle füreinander. Im zweiten Teil wird schließlich das Verhältnis Ada - Flora zu den im ersten Teil herausgearbeiteten Ergebnissen in Bezug gesetzt. Schließlich wird zu sehen sein, dass Flora und das Piano erfüllen für Ada ähnliche Funktionen erfüllen und dass die 'egoistische' Mutter Ada durch die Auflösung der symbiotischen Mutter-Tochter-Beziehung überhaupt erst den Weg frei macht für eine unabhängige Entwicklung ihres Kindes: Die erfolgreichste Strategie des 'Mothering' ist die, keine Strategie zu verfolgen: Die 'Witch-Mother' als 'Angel-Mother'. Dieser Entwurf konterkariert sowohl den Mythos von der opfernden Mutter, als auch den von der Mutterschaft als Mittel zum Selbstverwirklichungs-Zweck. Die im 'Piano' angedeutete Konzeption projektiert Mutterschaft quasi als Neben- bzw. 'Abfall-' Produkt des individuellen Sozialisationsprozesses. Dieser Entwurf spiegelt sich in der Aufforderung von Herrad Schenk: 'Es wäre gut, wenn viele Frauen verstehen würden, dass die Fähigkeit, Kinder zu bekommen, sie nicht der Notwendigkeit enthebt, weiterhin für sich selbst nach dem Sinn des Lebens zu suchen.'