Offshoring: Ein neues Paradigma des Außenhandels?

Inhaltsangabe:Einleitung: Wenn es um die Globalisierung und ihre Auswirkungen geht, steht zumeist der zunehmende Wettbewerbsdruck durch die Schwellen- und Entwicklungsländer im Vordergrund. Die Arbeitnehmer in den Industriestaaten fürchten, dass sie mit der ‘billigeren’ Konkurrenz aus Osteuropa und Asien nicht mithalten können und durch sie ihren Arbeitsplatz verlieren oder Einkommenseinbuße hinnehmen müssen. Demgegenüber stehen die Wirtschaftswissenschaftler, die dazu neigen, die Chancen eines intensiveren Außenhandels hervorzuheben. Die Grundlage dieser positiven Sichtweise baut auf der traditionellen Außenhandelstheorie auf, die den Ökonomen überzeugende Argumente liefert, warum eine intensivere Globalisierung den beteiligten Ländern (langfristige) Vorteile beschert. Die Kernaussage der traditionellen Theorie besagt, dass durch den Außenhandel zwar distributive Effekte innerhalb eines Landes auftreten können, es jedoch als Ganzes davon profitiert – mit anderen Worten, es gibt zwar auch Verlierer durch die Globalisierung, die Gewinne sollten jedoch groß genug sein, um diese negativen Effekte (theoretisch) zu kompensieren. In jüngerer Vergangenheit meldeten allerdings auch einige Ökonomen Zweifel an, ob dieses traditionelle Paradigma der Außenhandelstheorie für die aktuelle Phase der Globalisierung noch seine Gültigkeit besitzt. Durch das Phänomen Offshoring – also die internationale Arbeitsteilung durch Produktionsverlagerung einzelner Arbeitsschritte ins Ausland – vermuten sie Verteilungs- und Wohlfahrtseffekte, die vom traditionellen Ansatz abweichen und für erhebliche Schwierigkeiten in den Industriestaaten sorgen könnten. Mit dieser neueren Debatte um Offshoring wird im Grunde genommen eine akademische Diskussion der neunziger Jahre fortgesetzt, in deren Mittelpunkt die Verteilungswirkung der Globalisierung stand. Anstoß zu der Debatte gaben vorrangig zwei empirische Beobachtungen auf den Arbeitsmärkten der Industriestaaten: Einige Staaten (besonders im angelsächsischen Raum) erlebten seit den achtziger Jahren einen stetigen Anstieg der Lohnungleichheit zwischen qualifizierten und unqualifizierten Arbeitskräften, während die Mehrzahl der Länder (Kontinental-) Europas (und Japan) einen kontinuierlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit im unteren Qualifikationsbereich verzeichneten. Als potentieller Auslöser dieser Entwicklungen standen zwei Kandidaten zur Auswahl: Auf der einen Seite der technische Fortschritt der tendenziell hoch qualifizierten [...]